Drei mal Drei macht Neune, widdewitt… oder so ähnlich. Heute soll es darum gehen, wie du spannendere Bilder machen kannst – mit der gleichen Ausrüstung. Es geht also nicht um Technik, das hier kannst du mit einem Smartphone genauso gut machen, wie mit einer 2 KG schweren Spiegelreflexkamera.
Alles, was ich hier erzähle, muss man nicht, bzw. nicht immer befolgen. Aber es ist nicht verkehrt, diese Regeln zu kennen, wenn man sie schon (bewusst) brechen will. Es gibt viele wunderbare Bilder, die ohne diese Regeln auskommen, speicherst du dir diese im Gedächtnis ab, wirst du jedoch in der Regel an einem Motiv sorgfältiger vorgehen und vielleicht auch mal „um die Ecke schauen“ und nicht bloß stumpf auf den Auslöser hämmern.
Das Hauptmotiv
Grundregel: Such dir ein Hauptmotiv. Mache dem Betrachter klar, was du zeigen möchtest. Bei diesem Bild aus Lissabon weißt du nicht, was ich dir zeigen will. Das Castelo de São Jorge am linken Bildrand? Die Brücke über den Tejo? Das heterogene Häusermeer? Deshalb sind Aussichtspunkte/-türme auch nur selten die besten Fotospots. Man hat eine Aussicht, eine ganze Menge sogar, aber man findet nicht immer ein funktionierendes Fotomotiv.
Wie es besser geht, zeige ich in Frankfurt. Hier ist völlig klar, das Hauptmotiv ist die Skyline und nichts lenkt davon ab. Der Eiserne Steg führt deinen Blick zur Skyline.
Das Bild gibt es auch noch mit einem Stück Ufer auf der linken Seite. Dort stehen eine Menge Straßenlaternen rum – und lenken ab. Da sie für das Bild unwichtig sind, habe ich sie weggeschnitten.
Ähnlich ist es hier bei dem Bild aus Kiel. Wenn du das Bild siehst, siehst du keinen klaren Bildtitel, sondern Wasser, ne Möwe, ein Schiff und ein Hochhaus.
Jetzt habe ich das Bild links abgeschnitten.
Dadurch rückt die Möwe aus dem Mittelpunkt des Bildes, aber in den Mittelpunkt deiner Aufmerksamkeit. Du schaust der Möwe über die Schulter, wie sie die Gegend beobachtet. Das funktioniert ohne den Beschnitt nicht.
Ich verliere zwar durch den Beschnitt einen Teil des Schiffes – das ist aber nicht relevant. Die Möwe ist das Hauptmotiv und dass es ein Schiff sein soll, erkennt man ja immer noch. Besser wäre noch gewesen, die Möwe etwas freizustellen, damit der Hintergrund nicht zu arg ablenkt. Aber ich hatte nur die Kompaktkamera dabei und da ist das mit dem Freistellen immer so ne Sache.
Die Drittel-Regel
SInd dir auf deinem Smartphone/Kameradisplay schon mal diese Gitterlinien aufgefallen? Die helfen dir, deinen Bildausschnitt festzulegen. Die so genannte Drittelregel „unterteilt“ das Bild in insgesamt neun Rechtecke. Und da 3×3=9 ist, ist es piepegal, ob du im Hochformat, oder im Querformat unterwegs bist. Du hast immer Drittel.
Sollte das bei dir nicht voreingestellt sein, suche im Menü nach dem Punkt „Raster“ oder einer ähnlichen Bezeichnung.
Sinn dieser Regel ist es nun, das Hauptmotiv nicht in die Mitte zu platzieren, sondern in der Nähe der Drittel-Linien, oder – noch besser – auf die Schnittpunkte der Linien. Exakt mittig platzierte Motive wirken schnell langweilig.
Ein Beispiel vom heimischen Wohnzimmertisch. Der Kater sitzt in der Mitte des Bildes.
Und jetzt habe ich links die leere Fläche weggeschnitten. Das Bild wirkt interessanter. Das wird noch dadurch gesteigert, dass er etwas anvisiert, das irgendwo vor diesem leeren Raum zu sein scheint.
Nochmal die Möwe von eben, diesmal mit Gitterlinien. Erst der originale Ausschnitt. Du siehst, dass die Möwe mitten im Bild platziert ist – und links passiert überhaupt nichts.
Und jetzt die zugeschnittene Version:
Durch den Zuschnitt habe ich den Kopf der Möwe exakt auf dem Schnittpunkt der beiden Linien unten links platziert.
Ein weiteres Beispiel von der Insel Fehmarn. Ein Sonnenuntergang. Als Schnappschuss vom Weg aus, wie du ihn wahrscheinlich machen würdest, wenn du im Vorbeigehen schnell dein Handy zückst, um in deinem WhatsApp-Status mit dem coolen Sonnenuntergang zu prahlen. 😉
Wie du siehst, spielen sich alle spannenden Dinge im mittleren Feld des Bildes ab. Links und rechts ist komplett tote Hose, bzw. ein hässliches Treppengeländer.
Viel besser sah es von weiter rechts aus:
Das Boot ist nun im linken Drittel und reicht fast an den Schnittpunkt links unten heran. Die Sonne ist im Schnittpunkt rechts unten. Vielleicht würde das Foto quadratisch zugeschnitten noch etwas besser wirken, das schauen wir uns im nächsten Punkt mal etwas genauer an.
Es gibt noch eine weitere Regel namens „Goldener Schnitt“. Der berechnet sich etwas anders, als die Drittel-Regel. Das Prinzip ist jedoch das Gleiche.
Hochformat? Querformat?
Kameras kann man drehen. Überraschende Erkenntnis? Na guck! Meistens (nicht immer) ist das Querformat tatsächlich spannender, aber es gibt viele Motive, für die das Hochformat besser geeignet ist.
Wieder Fehmarn. Das Bild ist besser, als das oben, denn hier ist diese unnütze Treppe verschwunden. Aber, die Sonne ist genau mittig platziert und das Boot ist rechts. Links passiert überhaupt nichts.
Also habe ich den linken Teil etwas abgeschnitten, herausgekommen ist ein quadratisches Format, das sich auch perfekt für Instagram eignet. Nebeneffekt. 😉
Der Kölner Dom. Von rechts, das ist schon mal ungewöhnlich.
Hier der Vergleich Querformat vs. Hochformat, von der selben Stelle aufgenommen.
Der Dom wirkt im Hochformat viel präsenter, während das Bild im Querformat eher „Blick auf Köln mit Dom“ heißen würde. Im Hochformat heißt es „Blick auf den Kölner Dom.“ Und da im Querformat in der rechten Bildhälfte fast gar nichts passiert, finde ich das Hochformat (in diesem Fall) persönlich ansprechender.
Führende Linien
Ist dir gerade beim Bild des Kölner Doms aufgefallen, wie du bei der Hohenzollernbrücke hängen geblieben bist und wie dein Blick dann zum Dom gewandert ist?
Führende Linien sollen den Blick des Betrachters führen. Deshalb heißen sie führende Linien. 🙂 Eine führende Linie kann erstmal alles sein – eine Straße, ein Zaun, ein Fluss, eine Küstenlinie… Du erinnerst dich an Frankfurt im ersten Punkt? Der Eiserne Steg führt deinen Blick zur Skyline. Der Main auch, das Bild würde also theoretisch auch ohne diese Brücke ähnlich gut wirken.
Schaust du dir dieses Bild von der Essener Skyline an, wirst du dich wahrscheinlich fragen, was dir der Künstler damit sagen wollte. Die A40 als führende Linie funktioniert hier nicht, weil sie irgendwo verreckt und ins Nirgendwo führt. Diese Stadtbahn-Haltestelle in der Mitte (bei uns im Pott fahren sogar die Metros Autobahn!) verstärkt den Effekt noch, denn sie blockiert den Blick auf die A40 im Hintergrund.
Hier im Bild ist die A40 die führende Linie zum Hauptmotiv der Essener Skyline. Du wirst also praktisch in das Bild reingezogen und weißt sofort, wo du hinschauen musst. Die Leuchtspuren der Autos verstärken den Effekt noch.
Ungewohnte Perspektiven sind (manchmal) besser
Du hast deine Knie nicht nur, um Bierkisten in den Keller zu schleppen! Also knie nieder, Sklave! 🙂 Wie machst du deine Fotos? Stehend? Ok, macht jeder. Der erste Eindruck, den du von einem Motiv bekommst, ist immer der aus der Augenhöhe. Gerade bei eher bekannten Motiven kann es erfrischend sein, nicht aus der „Normalperspektive“ zu fotografieren, sondern bewusst andere Perspektiven zu wählen. Für das Bild aus Köln musste ich zwar nicht knien, aber weitaus verbreiteter ist die Ansicht von der linken Seite der Hohenzollernbrücke. Ca. 80% der Bilder auf Insta, flickr, etc. sind von der linken Seite aufgenommen. Rechts ist es mindestens genauso schön und wesentlich ruhiger.
Diese Kirche in Ramsau kennt ja jeder. Aber die allermeisten Bilder haben diese schrecklich unfotogene Brücke mit drin. Obwohl man mit nur vier Schritten einem Trampelpfad folgend, direkt ans Ufer des Flusses kommt und einen (meiner Meinung nach) viel schöneren Blick auf die Kirche hat.
Auch das Krokodil im Landschaftspark Duisburg ist auf den ersten Blick aus einer ungewohnten Perspektive aufgenommen. Die Kamera stand ungefähr auf Kniehöhe, um diesen „bedrohlichen“ Effekt zu kreieren, das Krokodil kommt bei Vollmond auf dich zugestürmt und will dich fressen. Keine Panik, ich lebe noch, ich hatte Bodyguards dabei.
Die Sache mit dem Vordergrund
Es gibt den abgedroschenen Spruch „Vordergrund macht Bild gesund“, in dem allerdings schon etwas Wahrheit steckt. Will ich z.B. einen Sonnenuntergang am Meer fotografieren und die Sonne ist irgendwo kurz über dem Horizont, passiert am Horizont ne Menge – und im Rest des Bildes gar nichts. Es ist unspektakulär.
Als Beispiel muss wieder die A40 herhalten. Der Himmel explodiert gerade förmlich, aber im Vordergrund ist hässlicher Beton. Also ist das Foto langweilig. Darüber ärgere ich mich maßlos. Eigentlich kenne ich mich dort aus und ich hätte leicht zum Spot fahren können, wo ich das Bild von der Skyline gemacht habe. Aber ich kam gerade aus dem Ikea, hatte die Kamera zufällig im Kofferraum und wurde mit Blick auf den Himmel etwas hektisch. In diesem Moment habe ich nicht rational gedacht.
Wie es besser geht, zeige ich in diesem Bild. Das Motiv kennst du bereits, das war mein fertiges Bild dieses Abends. Titel: „Boot vor Sonnenuntergang“
Das Boot links sorgt sowohl für einen Vordergrund, als auch dafür, dass die linke Bildhälfte ausgefüllt ist. Und jetzt schau dir das Bild mal ohne Boot im Vordergrund an. Ein schöner Sonnenuntergang, aber nichts, um die Nachbarn von deinen Fotokünsten zu beeindrucken.
Objekte bewusst in die Bildgestaltung einbeziehen
Als Landschaftsfotograf hasst man normalerweise Menschen. Zumindest fremde, die unnütz in der eigenen Bildgestaltung herumstehen. Man kann Menschen jedoch auch bewusst einbauen, etwa um eine eigentlich langweilige Ecke eines Bildes auszufüllen, oder um eine Bezugsgröße herzustellen.
Der Peterslay im Hunsrück. Ein Felsvorsprung vor einem riesigen Wald. Fotografisch eher mäßig spannend.
Und hier stehe ich auf dem Felsen und gucke in die Landschaft. Du siehst die Kamera in meiner Hand und denkst sofort „ah, der schaut nach einem Motiv!“ Das dunkelgrüne T-Shirt habe ich natürlich absichtlich angezogen. 😉
Dieser Trick funktioniert auch hervorragend bei Wasserfällen. Wenn du einen Wasserfall fotografierst, kann man nicht abschätzen, wie groß der ist. Es sein denn, du platzierst etwas im Bild, von dem man normalerweise weiß, wie groß es ist. Das kann zum Beispiel auch ein Mensch sein. Alter Instagram-Trick: Zieh deiner Freundin eine senfgelbe Jacke an und positioniere sie vor dem Wasserfall. Schon kannst du zeigen, wie groß der Wasserfall ist. Schau dir diese zwei Bilder vom Trusetaler Wasserfall an.
Das erste ist eine Nahaufnahme des Steins. Du weißt nicht, wie groß dieser Wasserfall ist.
Beim zweiten habe ich links die Treppe eingebaut und schon wird dir bewusst, dass das kein Bach ist, der bloß eine zwei Meter hohe Stufe herabstürzt.
Das wäre mit einem Menschen auf der Treppe natürlich noch besser gekommen, aber Hannoi hatte leider seine Instagram-Jacke zuhause vergessen. 🙂 Falls dich mal jemand fragt, kannst du jetzt mit dem Fakt angeben, dass der Wasserfall exakt 58 Meter hoch ist. Das konntest du jetzt nicht anhand der Treppe nachmessen, aber deshalb steht es ja hier. 😉
Trusetal ist übrigens ein Bild, das im Querformat absolut nicht funktionieren würde. Technisch wäre das mit einem Ultraweitwinkel problemlos möglich. Aber dann hast du wieder das Problem, dass die Action nur in der Mitte ist.
Fazit
Nicht jede dieser Regeln musst du bei jedem Bild anwenden. Aber doch zumindest eine. Versuche, diese Regeln zu berücksichtigen und du bekommst schönere Fotos. Oder du brichst diese Regeln bewusst, es gibt abertausende Bilder, die ohne Vordergrund, führende Linien und Drittelregel wunderschön sind. Ich versuche zumindest, diese Regeln grob einzuhalten. Wie du diesem Blog entnehmen kannst, gelingt es mir nicht immer. 😉
Hier hast du eine tolle Übersicht veröffentlicht von Regeln, die man nicht immer einhalten sollte, aber doch immer im Hinterkopf haben sollte!
Mich hat sofort das Bild von Lissabon gecatched …. und zwar, da ich auch schon dort gewesen bin und gerade eine riesengroße Sehnsucht auf Reisen habe. Ich hatte sofort den Geschmack von Pastel de Nata im Mund.
Danke für dieses Flashback 😉
Ach, man hilft doch, wo man kann. 🙂 Ja, Lissabon ist schon toll. Aber zu dem Zeitpunkt hatte ich noch keine Ahnung von Fotografie. Wie du gesehen hast. 😉 Rückblickend betrachtet denke ich mir bei sehr vielen Zielen „och Mensch, hätte ich mal Ahnung gehabt…“ Aber so hat man immerhin nen Grund, nochmal nach Lissabon, Kopenhagen, sonstwo hin zu fahren. Oder nach Poltava, sei gespannt. 🙂
Der schmiddelfeld eignet sich theoretisches Wissen an.
Danke für deinen Kurs