Super-Tele zum Schnäppchenpreis – das Tamron 100-400mm f/4.5-6.3 DI VC USD am FTZ-Adapter

Super-Tele zum Schnäppchenpreis – das Tamron 100-400mm f/4.5-6.3 DI VC USD am FTZ-Adapter

Hinweis vorab: Ich schere mich nicht sonderlich um Laborwerte und Technik-Datenblätter. Wer sich dafür interessiert, findet im Netz zuhauf Informationen, wie viele Linsen in wie vielen Gruppen rückwärts von schwangeren Nonnen mundgeblasen und bei Vollmond verklebt wurden. Ich beantworte hier die Frage, ob mir persönlich dieses Objektiv taugt. Für das Vollformat und für den Vollmond.

Anwendungsgebiet

Ein Tele? Braucht man als Landschaftsfotograf doch gar nicht! In 96% der Fälle stimmt diese Aussage und für die restlichen 4% bin ich zu geizig, die ~ 2.500€ hinzulegen, die Nikon für sein (bisher) einziges, natives Nikon Z-Tele aufruft. Und wie oft brauche ich in der Landschaft schon die volle Lichtstärke des Nikkor Z 70-200 f/2.8? Eben. Aber ein Tele könnte ich schon ab und zu mal brauchen, das fiel mir im Frankenland direkt zwei Mal am gleichen Abend auf. Also erinnerte ich mich an den FTZ-Adapter, den ich beim Kauf der Nikon Z6 mitgeliefert bekam, der mangels Nikon-F-Linsen bisher allerdings ein Schattendasein in meinem Fotoschrank fristete.

Beim Nikon F-Bajonett gibt’s reichlich Auswahl eben auch von allen möglichen Drittherstellern. Von lustigen Chinalinsen, wie dem Dörr 420-800mm f/8,3 für 120€, bis zum Sigma 120-300mm Sports für über 3.000€ ist alles vertreten. Ich entschied mich nach reiflicher Überlegung für das Tamron 100-400mm f/4.5-6.3 DI VC USD, welches ich für knapp unter 600€ einheimsen konnte.

DI? VC? USD? Hä? US-Dollar? Aber ich hab’s doch in Deutschland gekauft… Gut, dass Tamron für seine Abkürzungswut eigens ein Glossar auf seiner Webseite hat. DI steht für die neue Generation für DSLR-Kameras. „Neu“. Nagut. VC steht dafür, dass ein Bildstabilisator anwesend ist und USD steht für Ultrasonic Drive, also dass der Autofokus mit einem Ultraschall-Motor angetrieben wird.

Unboxing/Lieferumfang

Wer jemandem zugucken möchte, wie er ein Etwas aus einem Karton kramt, dem sind einschlägige Youtube-Kanäle ans Herz gelegt. Ich beschreibe nur kurz den (ebenso kurzen) Lieferumfang, der allerdings vom Kampfpreis von momentan ~600€ etwas relativiert wird. Du bekommst das Objektiv und die Sonnenblende. Ende der Geschichte. Einen Köcher, bzw. eine Tasche suchte ich im Karton vergebens und eine Stativschelle kann man für sportliche 150€ dazu erwerben. Die ist aber auch beim 200€ teureren Sigma 100-400 nicht dabei.

Muss im Endeffekt jeder selbst wissen, wie wichtig einem dieses Zubehörteil ist. Ich als Landschaftsheini werde das Teil nicht übermäßig oft verwenden, sodass mir die Befestigung über die Kamera am Stativ reicht und zur Not kann ich am FTZ-Adapter auch noch eine Platte anschrauben, die den Schwerpunkt einige cm weiter nach vorne verschiebt.

Das Objektiv selbst kommt im sehr reduzierten, aktuellen Tamron-Design, das mir allerdings sehr gut gefällt. Dieses klassische Objektiv-Design mit der ADO-Goldkante war nie mein Ding. Schön, dass Tamron hier eine moderne Linie einschlägt. Klein ist es allerdings nicht gerade. Mit angesetztem FTZ-Adapter kommt der Kamerad auf 24 cm (ohne 21 cm) und wiegt knapp über 1 KG. Das 70-200 für Nikon Z ist allerdings noch mal gute 300 Gramm schwerer, hat aber eben auch eine Offenblende von 2.8.

ganz schöner Klopper…

Ausstattung

Üppiger als der Lieferumfang, ist das Objektiv selbst ausgestattet. Ein zweistufiger Bildstabilisator ist ebenso an Bord, wie eine Fokus-Skala und ein AF/MF-Umschalter, der auch über einen Fokus-Limiter verfügt. Betätigt man diesen Schalter, wird der Autofokus auf den Bereich von 7 Meter bis unendlich begrenzt. Das Tamron 70-210 muss ohne diesen Limiter auskommen und auch bei Nikon muss man für dieses Feature eine ganze Etage höher ins Regal greifen. Auch eine Gegenlichtblende ist enthalten und wie bei fast jedem neueren Tamron kannst du einen 67mm-Filter dran schrauben.

FTZ-Adapter?

Wenn du das Tamron mit dem FTZ-Adapter betreiben willst, musst du unbedingt darauf achten, dass dein Objektiv die aktuelle Firmware hat. Bei älteren Firmwares verweigert es den Dienst am Adapter. Wenn das der Fall ist, kannst du dir für ca. 70€ die Tamron Tap-In Konsole kaufen und sowohl die Firmware updaten, als auch Front-/Back-Fokus etc. korrigieren. Bei mir war aber sowohl der Fokus, als auch die Firmware in Ordnung.

Funktioniert das Ding jetzt am FTZ-Adapter? Ja! Ohne Einschränkungen. Die EXIF-Daten werden, wie bei den nativen Objektiven für Nikon Z, an die Kamera übertragen.

Autofokus

Der Autofokus trifft. Er ist natürlich nicht super-schnell – kein Wunder bei der Preisklasse, in der wir uns bewegen. Ich habe keinen Vergleich zu irgendwelchen Premium-Linsen, kann also nicht sagen, wie viel % langsamer das Tamron nun ist. Und auch der FTZ-Adapter limitiert da sicher noch ein bisschen. Aber der Autofokus ist für mich völlig ok, auch die Geschwindigkeit ist in Ordnung. Bei einem Test am Düsseldorfer Rheinufer habe ich auf 400mm einen Jetski-Fahrer fotografiert. Mindestens 80% der Bilder sind Treffer.

Auch das AF-Tracking der Nikon Z6 funktionierte ohne merkbare Einschränkungen. Jetzt wird sicher irgendejemand mit Laborwerten, oder Vergleichen zu einer teuren Sigma Sports-Optik kommen. Natürlich gibt es bessere, schnellere, genauere Autofokus-Module, aber welcher Hobbyfotograf braucht das wirklich und welcher Profi-Sportfotograf schnallt sich ne 600€-Linse an seine Kamera? Eben.

Bildqualität

Kommen wir zum Wichtigsten! „Wird ja auch Zeit…“, denkst du dir. Ich weiß es.

Bildschärfe

Zuerst die 100 mm. Offenblendig (f/4.5) ist es auch in der Bildmitte nicht wirklich scharf. Abblenden auf f/8 hilft.

100mm f 4/5
100 mm f/8.0

Dafür sind auch die Ecken bei f/8 schon ganz gut, wie der nächste Vergleich zeigt:

Als „Vergleichsbrennweite“ habe ich mal mein Nikkor Z 24–70 mm 1:4 S herangezogen, einfach weil ich nix anderes habe. Mir ist bewusst, dass ich hier Äpfel mit Birnen vergleiche, ich hätte aber nie erwartet, dass die Birne gewinnt, zumal das Nikon zur angeblich besonders edlen S-line zählt. Beim Nikon hab ich mir schon damals gedacht, dass das auf 70mm gerade an den Rändern eher so semi ist, das Tamron ist hier – auf 100 mm schon besser. Die Ausschnitte sind auf 100%-Ansicht. Erst das Tamron:

Bildecke links oben bei 100 mm (Tamron)

Jetzt das Nikon 24-70 f4:

Bildecke links oben bei 70 mm (Nikon)

Bei allen Brennweiten sollte man sich ungefähr auf f/8 bewegen, wenn man die maximal erzielbare Schärfe an den Rändern haben will. Die Bildmitte ist auf 400mm bereits bei ‚Offenblende‘ f/6.3 gut zu gebrauchen, die Bildränder ab f/8. Folgender Ausschnitt zeigt die Bildmitte. Hier bringt Abblenden auf f8 keine Verbesserung mehr, aber es ist auf jeden Fall schon gut.

Brühler Schlosspark – Bildmitte auf 400mm – f 6.3

Folgende Vergleiche zeigen jeweils Ausschnitte des Bildrandes bei 100, 200 und 400 mm, jeweils mit der jeweiligen Offenblende verglichen mit f/8. Die Ausschnitte sind in Lightroom auf 200% vergrößert.

Blendenvergleich mit 100 mm
Blendenvergleich mit 200 mm
Blendenvergleich bei 400 mm

Wie du siehst, abgesehen von f/4.5 bei 100mm, sind die Ränder eigentlich nirgendwo wirklich schlimm. Auch bei jeweiliger Offenblende nicht. Aber, abblenden auf f/8 hilft fast immer, um noch einige % herauszuholen.

Sonnensterne/Flare

Angst vor Flare brauchst du nicht haben. So gut wie nicht vorhanden. An deiner Stelle hätte ich lieber Angst vor Fler. 😉 Und Flair haben die Sonnensterne leider auch nicht. Aber wer kauft sich schon ein 100-400, um damit Sonnensterne zu fotografieren? Eben.

Vignette

Machen wir’s kurz: Ist mir bei keiner Brennweite aufgefallen. Auch nicht mit aufgesteckter Gegenlichtblende.

Bokeh

Ja, geht. Auch hier gilt: Bitte von einem relativ lichtschwachen und günstigen Tele keine Wunderdinge erwarten. Wer (schöneres) Bokeh will, kauft ne Festbrennweite, oder ein Tele, das um ein Vielfaches teurer ist.

200 mm | f/5.6
400 mm | f/6.3

Fazit

Nein, mit dem Tamron 100-400mm f/4.5-6.3 kaufst du kein Premium-Objektiv. Wer also ein Objektiv sucht, das auch auf 200% Vergrößerung in Lightroom noch exzellente Ergebnisse liefert, sollte die Finger davon lassen und noch etwas sparen, er wird enttäuscht sein. Als „hin und wieder mal“-Tele ist das Tamron allerdings eine gute Wahl, wenn es auch recht groß und schwer ist.

Zurückgeschickt habe ich es am Ende dennoch. Warum? Damit ich ein anderes Objektiv verkaufen konnte. Hä? Mehr demnächst auf diesem Kanal…

Off-Topic

Ich hab dir ja den Vollmond versprochen. Tja, blöd. Ich war parallel zum EM-Spiel Deutschland gegen Ungarn – du hast die Diskussion sicher in den Medien verfolgt – in Düsseldorf, um die bunte Arena zu begutachten und zu fotografieren. Das hat so semi-gut geklappt und als ich mich so über die „dilettantische Ausleuchtung“ ärgerte, fiel mir der große Vollmond auf, der sich gerade über den Horizont schob und von der gegenüber untergehenden Sonne rot angestrahlt wurde. Ich griff in den Fotorucksack und stellte fest, dass das Tele zuhause lag. Zum Trost hier das Bild der Arena.

Arena Düsseldorf | Nikon Z6 & Nikkor 14-30 f4 | 1/4s. | f/7.1 | ISO 800 | 16 mm KB
Ich habe das Objektiv selbst gekauft und wurde für diese Lobeshymnen nicht von Tamron bezahlt. Warum eigentlich nicht? :-D

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