Fotografie-Basics Vol. 1 – Der Kater erklärt Belichtungszeit vs. Blende vs. ISO-Wert

Fotografie-Basics Vol. 1 – Der Kater erklärt Belichtungszeit vs. Blende vs. ISO-Wert

Getreu dem Motto „es ist alles gesagt, nur noch nicht von jedem“, kommen nach und nach ein paar Einsteigerthemen. Fotografie-Basics. Dinge, die man beherrschen sollte, wenn man das Ganze halbwegs ernsthaft betreiben will. Den Anfang macht die Belichtung deiner Bilder, das so genannte Belichtungsdreieick.

Schon der Fußballtrainer Dettmar Cramer wusste: „Im Leben hängt alles zusammen. Wenn du dir am Arsch ein Haar ausreißt, tränt auch das Auge.“ Ähnlich ist es in der Fotografie. Dafür brauchst du dir kein Haar irgendwo ausreißen, wo die Sonne niemals scheint, aber Zusammenhänge gibt es auch hier. Sogar im Sonnenschein.

Fotografie ist griechisch und bedeutet übersetzt ‚Zeichnen mit Licht‘. Und wer hat’s erfunden? Die… Franzosen! Auf griechisch, obwohl jede Frittenbuden-Bestellung auf Englisch in diesem Land von vorn herein zum Scheitern verurteilt ist. Damit deine Fotografie-Skills nicht dem gleichen Schicksal anheim fallen, wie deine Essensbestellung in Frankreich, gibt’s hier jetzt die Grundlagen zur Belichtung. Und wenn du dann noch Zeit hast, darfst du meine großartigen Überleitungen fanboyen. 😉

Eine Digitalkamera erstellt ein Foto, indem sie Bildinformationen auf dem Bildsensor speichert. Wie in der analogen Fotografie kannst du anhand verschiedener Parameter Einfluss auf die Belichtung deines Bildes nehmen. Mit einer digitalen Systemkamera siehst und bewertest du diese Parameter bereits, bevor du den Auslöser drückst. Und sparst Zeit und Nerven.

Verschiedene Belichtungsmodi

Als blutiger Anfänger hast du deine Kamera meistens in der Vollautomatik eingestellt. In diesem Fall berechnet diese die Belichtung des Bildes vollautomatisch. Sagt ja der Name schon. Allerdings gibt es verschiedene Situationen, in denen das nicht zuverlässig klappt, denn die Kameraelektronik hat zwar riesige Fortschritte gemacht, hellsehen kann sie jedoch noch nicht. Was du vor hast weißt nur du selbst und nur du weißt, wie dein Motiv richtig belichtet ist. Nun wird es Zeit, manuell einzugreifen. Auch wenn die Automatiken, bzw. Teilautomatiken der modernen Kameras sehr gut geworden sind, habe ich mir angewöhnt, sämtliche Parameter ausschließlich manuell einzustellen. Es macht mir auch mehr Spaß und ich fotografiere bewusster, wenn ich am Motiv überlegen, bzw. ausprobieren muss, wie die richtigen Einstellungen sind.

Folgende Modi findest du an jeder handelsüblichen Kamera:

Das Moduswahlrad der Nikon Z6

Vollautomatik: Bei den meisten Kameras mit einem grünen Kamerasymbol dargestellt, bzw. iAuto oder iKamera genannt. Die Kamera berechnet Belichtungszeit, ISO-Wert und Blende automatisch.

P: Programmautomatik – Belichtungszeit und Blende werden automatisch gewählt

S: Zeitpriorität/Blendenautomatik – Du stellst die Belichtungszeit manuell ein, die Blende wird automatisch gewählt

A: Blendenpriorität/Zeitautomatik – Du stellst die Blende manuell ein, die Belichtungszeit wird automatisch gewählt

M: Manueller Modus – Du stellst alles manuell ein.

Und jetzt befreien wir deine Kamera gemeinsam aus der Automatik! Keine Angst, es ist keine Raketenwissenschaft.

Zunächst einmal stellst du deine Kamera in den M-Modus. Du kannst/musst also alle Parameter in deiner Kamera selbst einstellen. Mit vielen gängigen Smartphones ist das heutzutage auch möglich. Einfach mal googeln, wie das bei deinem Modell genau funktioniert. Du kannst die nachfolgenden Tipps also auch mit dem Smartphone nutzen. Mit einer Einschränkung: Gängigerweise ist es bei Smartphones nicht möglich, die Blendenöffnung zu verstellen. Dein Belichtungsdreieck wird also zu einem Belichtungszweieck. 😉

Der manuelle Modus meines LG G7 ThinQ Und JA, das fehlende L bei ‚Kamera manuel(l) triggert mich jedes Mal extrem!

Das Belichtungsdreieck

 

Das Belichtungsdreieck ist das Zusammenspiel aus Belichtungszeit, Blendenöffnung und ISO-Empfindlichkeit. Hä? Genau! Wie du im Schaubild sehen kannst, hat die Veränderung eines Wertes auch immer eine Änderung eines anderen Wertes zufolge. Oder ein zu helles/dunkles Bild. Ganz einfach ausprobieren kannst du das z.B. im A-Modus deiner Kamera. Wenn du nun die Blende verstellst, wirst du merken, wie die Kamera die Belichtungszeit ebenfalls korrigiert und zwar um den äquivalenten Wert in die entgegengesetzte Richtung. Hä²? Hier ein Beispiel:

Wenn ich meine Kamera im A-Modus und ISO 400 auf meinen Monitor ausrichte, schlägt mir die Kamera bei Blende f4 eine Belichtung von 1/100 Sekunden vor. Wenn ich die Blende nun um drei Drittelschritte schließe, also auf f5.6 einstelle, bewegt sich die vorgeschlagene Belichtungszeit ebenfalls um drei Schritte und zwar auf 1/50 Sekunden. Wenn ich jetzt 1/100 Sekunden nutzen will und die Blende auf f5.6 belassen will, muss ich den ISO-Wert anpassen und zwar – aufgemerkt – um ebenfalls drei Stufen auf ISO 800. Manche Kameras, gerade im Einsteigerbereich, können den ISO-Wert nicht so fein anpassen. Bei der Sony A58 zum Beispiel würde ich von ISO 400 direkt auf ISO 800 springen, ohne Zwischenschritt. Aber wie bei allen Belichtungsparametern hilft dir auch hier der Live View deiner Kamera. Wenn du einen Wert veränderst, siehst du, wie das Bild heller, bzw. dunkler wird.

Zusammengefasst gilt also die Regel, dass jeder veränderte Parameter einen anderen Parameter des Belichtungsdreiecks in gleicher Stärke beeinflusst.

Die Belichtungszeit

Die Belichtungszeit ist der Parameter, der am wenigsten Einfluss auf die Bildqualität, bzw. die Bildwirkung hat. Solange du die Kamera lange genug ruhig halten kannst. Auch dort gibt es natürlich Ausnahmen, speziell in der Sport- und Actionfotografie, aber um die soll es hier erstmal nicht gehen.

Die Belichtungszeit steuert, wie lange der Bildsensor nach Drücken des Auslösers belichtet wird. Je länger, desto länger tritt Licht auf den Bildsensor, desto heller werden die Bilder. Innerhalb dieser Zeit muss die Kamera zwingend absolut ruhig gehalten werden, da sonst Verwacklungen auftreten, die sich in unscharfen Bildern bemerkbar machen. Und innerhalb dieser Zeit darf sich auch im Motiv nichts bewegen, denn sonst hast du ebenfalls Unschärfe. Manchmal, z.B. bei Wasserfällen ist das ja durchaus gewollt. Diesen Bachlauf habe ich mit 3 Sekunden belichtet. Hätte ich den mit 1/ 400 oder so belichtet, würdest du die einzelnen Wassertropfen klar sehen können. Der Sportfotograf im Stadion wird seine Bilder mit max. 1/500 Sekunden belichten, damit die Bewegungen der Athleten eingefroren werden. Eine Bewegungsunschärfe wäre hier nicht gewollt.

random Bachlauf – Nikon Z6 & 24-70 f/4 – 3 Sekunden – f/11 – ISO 100 – 47 mm KB

Du hast dich bestimmt schon gefragt, wo dieser Kater bleibt, der dir in der Überschrift versprochen wurde: Hier ist er! Vorhang auf für Balou, meinen Model-Kater. Der ist absolut kamerageil und lässt sich bereitwillig stundenlang fotografieren. Der erklärt dir jetzt, wie sich eine zu lange Belichtungszeit auswirkt. Dazu musst du dir folgenden Slider anschauen. Das linke Bild habe ich mit 1/80 Sekunde Belichtungszeit aufgenommen, das rechte mit 1/6 Sekunde.

[twenty20 img1=“2391″ img2=“2390″ offset=“0.5″ before=“1/80 Sekunde“ after=“1/6 Sekunde“]

Wie du siehst, konnte ich die Kamera nicht 1/6 Sekunde ruhig halten, das Bild ist verwackelt. Bei 1/80 Sekunde war mir das problemlos möglich, das Bild ist nicht verwackelt.

Wie lange ein Bild belichtet werden kann, ist völlig unterschiedlich. Das hängt zum Einen von deiner Brennweite ab. Wenn du ein Teleobjektiv hast, verwackelst du schneller, als mit einem Weitwinkel. Du kennst das vielleicht vom Fernglas, wenn du dich nur ein bisschen bewegst, ist das Motiv gefühlt komplett woanders, während du dem Motiv mit dem bloßen Auge trotz Bewegung noch folgen kannst.

Und zum Anderen hängt das von dir ab: Wenn du ein trainierter Army-Scharfschütze bist, kannst du deine Hände ruhiger halten, als ein normaler Mensch. Heutzutage haben viele Kameras, bzw. Objektive eingebaute Bildstabilisatoren. Das musst du dir so vorstellen, wie im Wolkenkratzer Taipei 101. Dort hängt ein riesiges Pendel, das bei Erdbeben die entstehenden Schwingungen ausgleichen soll. Deine Kamera ist also quasi erdbebensicher. 😉

Weißt du, wie du dich ganz einfach völlig unabhängig von der Belichtungszeit machen kannst? Kauf dir ein Stativ!

 

Die Blende

Mit der Blende kann ich selbstverständlich auch die Belichtungszeit steuern. Scroll nochmal kurz zum Bachlauf zurück. Hier wollte ich extra eine lange Belichtungszeit, um den Bach smooth darzustellen, also habe ich die Blende auf f/11 eingestellt, damit in den 3 Sekunden Belichtungszeit nicht zu viel Licht auf den Sensor fällt. Hätte ich dort mit f/5.6 fotografiert, wäre das Bild überbelichtet gewesen. Das geht nur in einem bestimmten Rahmen, der leider nicht besonders groß ist. Denn der Blendenwert hat auf der oberen und unteren Ende der Skala einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Bildqualität. Wenn du die Blende (zu) weit schließt, kann es zu einer so genannten Beugungsunschärfe kommen. Meine Physiknoten waren auch immer eher am unteren Ende der Skala anzusiedeln, falls du dich für die Zusammenhänge interessierst, verlinke ich einfach mal den Wikipedia-Artikel. Nur so viel: Es kann (!) ein weicher/unscharfer Effekt in der Mitte des Bildes entstehen. Ich habe versucht, das zu reproduzieren, aber es ist mir nicht gelungen. Entweder hat Nikon mit seinen Z-Objektiven die Physik ausgetrickst – oder ich habe mich zu blöd angestellt. Beides ist möglich. Hinweis: Nikon hat in der Z6 eine softwareseitige Beugungskorrektur. Die habe ich natürlich abgeschaltet. 😉

Das untere Ende der Blendenskala ist da schon aussagekräftiger und erzeugt quasi das, was Fotografen unter Bokeh verstehen. Rand- bzw. Hintergrundunschärfe. Die wenigsten Objektive sind bei Offenblende an den Rändern scharf, es sei denn, sie heißen Sigma Art. 😉 Oftmals ist dieser Effekt gewollt, zum Beispiel Porträts werden häufig mit offener Blende fotografiert, damit der Hintergrund „verschwimmt“, beruhigt wird und somit nicht vom Hauptmotiv, der Person, ablenkt. Auch hier demonstriert wieder der Kater, was gemeint ist:

[twenty20 img1=“2388″ img2=“2389″ offset=“0.5″ before=“f/1.8″ after=“f/8″]

Das linke Bild wurde mit Blende f/1.8 aufgenommen, das rechte Bild mit Blende f/8. Wie du siehst, ist der Hintergrund im linken Bild viel undeutlicher zu erkennen, als im rechten. Wie gesagt, ist das bei Porträts durchaus ein gewollter Nebeneffekt und Fotografen zahlen viel Geld für Bokeh-Fetischismus.

Dass der Hintergrund bei f/8 nicht völlig klar zu sehen ist, hat mit der Entfernung der Kamera zum Kater zu tun, aber nicht mit der Blende. Wäre ich weiter vom Kater weg gewesen, wäre auch der Hintergrund schärfer.

Die ISO-Empfindlichkeit

Der Begriff ist ein Relikt aus der Analog-Fotografie. Damals gab es Filme mit verschiedenen Lichtempfindlichkeiten zu kaufen, vielleicht erinnerst du dich auf die Aufschrift ISO 200 auf deinem Film. Bei deiner digitalen Kamera gibt der ISO-Wert genau das Gleiche an: Die Lichtempfindlichkeit. Je nach gewähltem ISO-Wert werden die Informationen, die durch das Objektiv dringen künstlich verstärkt. Der Nachteil daran, je stärker die Frequenz ist, mit der die Kamera die Signale verstärken muss, desto sichtbarer rauscht dein Bild.

Du siehst bei der nachfolgenden Gegenüberstellung den Unterschied zwischen ISO 800 und ISO 3200 bei der Sony A 58. Wie du siehst, können wir bei der Kamera Bilder mit ISO 800 noch nutzen. Bei ISO 3200 verliere ich schon sehr viele Details und das Bild wird sichtbar „grisselig“.

[twenty20 img1=“2469″ img2=“2470″ offset=“0.5″ before=“ISO 800″ after=“ISO 3.200″]

Und jetzt, spätestens beim ISO-Wert hebt sich endlich deine teure Kamera vom Smartphone ab. „Endlich“, wirst du dir wahrscheinlich denken. Und ja, es ist tatsächlich so, Bilder bei Sonnenschein und günstigen Lichtverhältnissen kann ich auch mit einem Smartphone machen. Sogar künstliches Bokeh für Portraits können die Dinger mittlerweile erzeugen. Aber wenn das Licht schlecht wird, wird auch das Smartphone schlecht und dann schlägt die Stunde deiner Kamera und da gilt leider auch die einfache Faustregel „je teurer, desto besser“. Meistens jedenfalls. Aber ich habe auch eine gute Nachricht für dich: Kaufst du dir jetzt eine halbwegs aktuelle Kamera um die 1.000€ (Sony A6400, Fuji X-T30, Nikon Z50, etc…), wird ISO-Rauschen kein großes Thema für dich sein. In 90% der Situationen sind selbst die „günstigen“ Bildsensoren mittlerweile so gut, dass ISO-Rauschen einfach kein Problem mehr ist, solange du nicht in Regionen jenseits von ISO 6.400 vordringst. Meine Sony A58 konntest du oberhalb von ISO 800 in die Tonne treten, wie ich dir oben bewiesen habe.

Beim ISO-Wert gilt der uralte Merksatz besonders: So wenig wie möglich, so viel wie nötig. Denn ein verrauschtes Foto ist besser als ein verwackeltes, ist besser als gar keins!

Fazit

Wie du lesen konntest, hat Dettmar Cramer recht behalten. Es hängt tatsächlich alles zusammen und alles hat mit dem einen übergeordneten Thema zu tun: Licht! Fotografie – zeichnen mit Licht. 🙂

Das war jetzt viel Theorie? Na dann, raus mit dir in die Natur und ausprobieren!

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