Tour de Schland – S1E5 – Ein See namens Hansi

Tour de Schland – S1E5 – Ein See namens Hansi

Wenn man in fotografischer Mission in dieser Gegend ist, darf ein Ort nicht fehlen: Der Hintersee! Knapp 52.000 Einträge bei Instagram beweisen, wie gehyped das Ding ist. Zurecht? Zurecht! Zum Glück gibt es hier keine Wasserfälle, sonst würden tausende Backpackerinnen mit ihren gelben Regenjacken davor herumstehen und ihre Macker anweisen, ein Bild von ihnen zu machen, um damit Instagram vollzuspammen. #instarepeat

Der favorisierte Spot am Hintersee ist sicher der, wo man am Ufer steht und zwischen diesen beiden baumbewachsenen Inseln hindurch zum Watzmann blickt. Blicken könnte, wenn nicht die Wolken mal wieder alles versauen würden. Aber aus Prinzip fange ich mit einem anderen Bild an, das zwar direkt am (einzigen kostenfreien) Parkplatz entstanden ist, aber deutlich weniger publiziert wird.

Bootshaus am Hintersee | LG G7 | 1/700 sec. | f/1.9 | ISO 50 | 18 mm KB

Start / Ziel: Piding

km: 199

km gesamt: 1.831

Aber weiter zum Insta-Highlight, auch hier konnte man wieder wunderbar Menschen beobachten. Ein Objektiv mit dem Durchmesser einer Bordkanone der Bismarck mit sich herumtragen, aber ausschließlich in der Programmautomatik fotografieren: Check! Bin ich bissig? Ja! Mir geht das Wetter auf den Sack! Mir gehen die Wolken auf den Sack! #instafrust

#instafrust – ein Trottel im Ostfriesennerz war leider nicht verfügbar | Sony SLT-A 58 | 1/1000 sec. | f/8 | ISO 100 | 16 mm KB

Dass ich die Bergspiegelung im See letztlich komplett verkackt habe, schiebe ich jetzt mal auf meine allgemeine Stimmung. Props gehen aber raus für die beiden Jungs in dem Fischerboot. Während der eine sich mit den Fischen in dem Tümpel abmühte, las der andere seelenruhig die Tageszeitung.

Nur einige km weiter liegt das Dorf Ramsau mit einem weiteren weltbekannten Motiv, das sogar einst vom US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower als Weihnachtsgruß für seine Angestellten gemalt wurde: Die Pfarrkirche St. Sebastian mit der Reiter Alpe im Hintergrund.

Pfarrkirche St. Sebastian | Sony SLT-A 58 | 2 sec. | f/8 | ISO 100 | 40 mm KB

Und wenn man das nicht mit eigenen Augen sieht, glaubt man nicht, dass dieser Bach tatsächlich diese gletscherblaue Farbe hat. Hat er aber, musste ich für’s Foto aber etwas herausarbeiten.

Wer nun glaubt, dass wir da die absolute Idylle gefunden haben, den muss ich leider enttäuschen: Aus allen Ecken kamen nun Fotografen und „Fotografen“, um die Kirche aus allen möglichen Winkeln aufzunehmen, in der Stunde, die wir dort zubrachten, zählten wir knapp 30. Kaum einer kam aber auf die Idee, dort länger zu verweilen, zu beobachten, die Gegend zu genießen. Die meisten waren nach fünf Minuten wieder verschwunden. Knipsen, weiterlaufen, wenn’s hochkommt noch ein Stativ aufbauen. Entspannt euch doch alle mal…

Leben am Hotspot: Ein Fotograf fotografiert einen Fotografen, der eine Fotografin fotografiert.

Auch ein älterer Herr war dabei, zu seinem Leidwesen in Begleitung seiner Ehefrau, aber ohne Stativ. Mein Angebot, sich das Stativ und den ND-Filter mal kurz auszuleihen, schlug er mit Hinweis auf den ihn begleitenden Hausdrachen freundlich aus und so musste er sich mit Schnappschüssen begnügen.

Nachdem wir am Parkplatz ein paar Salamander und einen unfassbar schlecht getunten BMW begutachtet hatten, fuhren wir weiter zum Obersalzberg. Bisschen Tourikram muss man ja auch mitnehmen… Der Parkautomat hatte keine Lust auf unser Geld und an einem Besuch des Dokumentationszentrums hatten wir aufgrund der Maskenpflicht kein großes Interesse. Wir waren dann kurz auf der Aussichtsterrasse, stellten fest, dass man woanders viel bessere Ausblicke hat und machten uns wieder auf den Weg. Nicht, ohne dem Raben Respekt zu zollen, der pausenlos über den Parkplatz stratzte und sich als Parkwächter aufspielte. Dem hätte noch einer so ne Kapitänsmütze aufsetzen müssen.

Blick vom Obersalzberg ins Berchtesgadener Land.

Weiter ging es zur Scharitzkehlalm. Diese liegt im wirklich hinterletzten Winkel und sollte eigentlich ein Ziel für den Sonnenuntergang werden. Hier fällt der Hohe Göll (2.522m) um 1.500m fast senkrecht ab und bietet ein spektakuläres Bild. Leider mal wieder wolkig, daher machte ich nur einen kurzen Schnappschuss aus dem Auto. Links des Bildes liegt übrigens das berühmte Kehlsteinhaus.

Von der Scharitzkehlalm zum Hohen Göll

Letzte Station des Nachmittags sollte ein Dorf namens Maria Gern werden. Dieses ist vor allem für ihre Wallfahrtskirche bekannt, die auf einem Hügelvorsprung liegt und die täglich von zigtausenden Fotografen angesteuert wird, weil man vom Parkplatz aus einen herrlichen Blick auf den Watzmann hat, mit der Kirche links im Bild. Zumindest theoretisch hat man das, denn aus Maria Gern wurde bei uns Watzmann ungern – auch hier wollte sich das Ding nicht zeigen und blieb – wie schon am Vormittag – wolkenverhüllt. Und dieser blöde Priester soll sich doch endlich mal ein Auto in ner anderen Farbe kaufen. Dieser blöde rote Corsa versaut jedes Bild!

Maria Gern – Watzmann ungern | Sony SLT-A58 | 1/640 sec. | f/8 | ISO 100 | 25 mm KB

Aber da sonst keine roten Elemente im Bild waren, habe ich mir erlaubt, der Karre ihre rote Farbe zu klauen. Bildbearbeitung ist schon was tolles. 😀 Wir machten das beste daraus und schauten uns im Dorf um, was irgendwie nur die wenigsten machen. Und wurden mit schönen Motiven belohnt, wie diesem kleinen Bach vor dem Untersberg.

Untersberg, nicht Underberg | Sony SLT-A58 | 1,3 sec. | f/8 | ISO 100 | 25 mm KB

Was es dort so spannendes zu fotografieren gäbe, wurden wir – auf dem Boden knieend – von einer mit Systemkamera bewaffneten Passantin gefragt. Na, diese Hütte zum Beispiel. Man muss ja nicht immer nur die Hotspots ablichten…

Sommerparadies | Sony SLT-A58 | 6 sec. mit ND 1000 | f/8 | ISO 100 | 24 mm KB

Wir hatten also durchaus Hoffnung für den Sonnenuntergang am Abend, fuhren erstmal etwas essen und dann zurück nach Berchtesgaden – um genau in einer Gewitterzelle zu landen. So viel Pech kann man doch gar nicht haben! Wir probierten es nochmal am Rossfeld – erfolglos: Sicht gleich null. Also ab ins Zimmer, nützt ja nix. Doch halt, als wir Richtung Bad Reichenhall fuhren, war der Watzmann plötzlich kurz wolkenfrei. Also Vollbremsung, auf der Stelle kehrt gemacht und die fünf Minuten nach Maria Gern gefahren. Als wir dort ankamen war – Überraschung – der Berg nicht mehr zu sehen.

Berchtesgaden ist nach England gezogen. Heißt jetzt Berch-death-gardens.

Wir verharrten 10 Minuten im Auto in der Hoffnung auf Besserung. Dies erfüllte sich nicht, also fuhren wir wieder in die Unterkunft und beendeten das ganze Spektakel für uns. Wirklich? Ja, wirklich. Das liest du im letzten Teil der Tour de Schland.

Auch hier darf wieder eine Liste nicht fehlen, die wir gedanklich während der Reise angefertigt haben: Geschäfte mit Supernamen!

  • Pferdemetzgerei zum fröhlichen Schmidt
  • Friseursalon Eva & Bäckerei Braun
  • Bestattungen Grabe
  • Bäckerei Zechmeister
  • Café Fatal
  • Fernseh Foto Fessel

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