Im Jahresrückblick 2020 wurde ich von Hans gefragt, wie ich meine Spots finde. Es tut mir so dermaßen leid, dass dieser Beitrag immer wieder verschoben und vergessen wurde. Aber hier ist er! In diesem Beitrag beschreibe ich, wie ich ein bestimmtes Zielfoto plane und wie ich vorgehe, wenn ich eine Region noch gar nicht kenne.
Erstmal muss ich definieren, was genau ich suche. Habe ich schon ein konkretes Motiv im Kopf, aber noch keine Idee für die Umsetzung? Fahre ich in eine fremde Stadt, in der ich mich nicht auskenne und brauche erstmal ein Brainstorming?
Ich verrate jetzt schon mal die nächste Beitragsreihe: Ich war mal wieder etwas unterwegs und anders als im August war mir jetzt mal wieder nach Landschaft – es ging in die Slowakei. Warum ausgerechnet dorthin? Das erfährst du in diesem Beitrag.
1. Das weiße Blatt Papier
Blöderweise wusste ich vor der Reise gerade mal, dass die Slowakei neben Österreich liegt, deren Hauptstadt Bratislava heißt und sie auf Eishockey stehen. Warum ich dort unbedingt hin wollte? Du kannst es dir denken, der Fußball ist schuld. Nicht, dass ich unbedingt ein Spiel gucken wollte, aber ich bekam neulich einen Bildband über Stadien in die Pfoten und eins der Bilder wollte ich nachmachen. Es zeigte einen völlig unbedeutenden Bolzplatz eines völlig unbedeutenden Vereins in einer ehemals bedeutenden Stadt, aber das Stadion fügt sich so wunderbar in die Landschaft ein… Aber zum Zielfoto kommen wir später, erstmal fange ich bei Null an.
Denn ein einziges Motiv wird mich nicht eine ganze Woche auslasten. Also brauche ich Motive, um damit eine sinnvolle Tour zu planen.
1.1 Der grobe Überblick
Die erste Anlaufstelle ist Instagram. Hier suche ich stumpf nach dem Hashtag des Zielgebiets und scrolle erstmal grob durch, um einen ersten Eindruck zu bekommen. Lifehack: #essen funktioniert nicht so gut. 😉
#slovakiatravel hat aber ganz herausragend funktioniert und förderte sogleich ein paar Leckerbissen zutage. Hohe Tatra, niedere Tatra, alles dazwischen, Bratislava…
Um herauszufinden, wo Bilder gemacht wurden, helfen natürlich die Hashtags, falls keine Geotags gesetzt wurden. Anhand der Hashtags habe ich mir Stichpunkte mit Orten aufgeschrieben.
Im besten Fall habe ich jetzt schon mal ein paar schöne Fleckchen der Region gefunden und kann mich daran machen, eine möglichst schlaue Route auszuarbeiten.
1.2 Die Route
Hast du feste Termine auf deiner Route? Gut, sie geben deiner Reise Struktur. Das können Veranstaltungen sein, die du besuchen willst, im Voraus gebuchte Tickets für eine Stadtführung oder einen Aussichtsturm, oder was auch immer. Ich hatte mir zwei Fußballspiele (natürlich^^) gesucht, Donnerstag in Bratislava und Samstag in Trencin, knapp 150 km entfernt. Das heißt, ich hätte den Freitag auf jeden Fall irgendwo grob in der Gegend und es hätte z.B. keinen Sinn ergeben, am Freitag in Richtung Hohe Tatra zu fahren, die noch gute 200 km weiter östlich liegt.
1.3 Die Umkreisplanung
Nachdem ich meine Etappenziele notiert habe, gehe ich in die Detailsuche. Ich weiß von Bratislava nur, dass der Fußballverein Slovan heißt, also brauche ich einen Überblick, was es dort so zu sehen und vor allem zu fotografieren gibt. Sämtliche jetzt vorgestellte Inspirationsquellen kannst du natürlich schon für den groben Überblick über das Land nutzen.
Erster Anlaufpunkt ist für mich immer 500px.com. Der Vorteil an der Plattform ist erstens, dass dort zumeist ernsthafte Fotografien hochgeladen werden und es keine Selfie-Hölle á la Instagram ist. Und zweitens gibt es ein Bewertungs-Algorihtmus, der so genannte Pulse-Wert. Bilder mit einem hohen Pulse-Wert (95+) sind meistens auch ganz hervorragende Bilder. Hier finde ich wunderbar Anregungen, die ich dann im zweiten Schritt mit Google Maps besuche. Positiv ist mir an der Slowakei aufgefallen, wie akribisch das ganze Land mit Google Streetview erfasst wurde. Außerdem laden die User auffällig viele Fotos hoch (viel mehr als z.B. in Deutschland), für mich ein gefundenes Fressen für einen detaillierten Überblick.
Auch locationscout.net kann funktionieren, kommt quantitativ aber oft nicht über die Rolle des Geheimtipps hinaus. Gleiches gilt für Flickr, das mir für solche Belange aber zu unsortiert und zu überladen daherkommt. Aber es hat zumindest eine Karten-Funktion, auf der ich mit Geotags versehene Fotos direkt finden kann.
1.4 Was gibt’s sonst noch?
Besser zu viel geplant, als zu wenig. Zum Glück ist Google relativ schlau, wenn ich mir bei Google Maps ein paar Sehenswürdigkeiten anschaue, werden mir nach einiger Zeit im Kartenausschnitt ähnliche Ziele vorgeschlagen. Die schaue ich mir an. Alle. Das dauert natürlich, aber lieber habe ich 20 Fotospots zu viel und kann situativ vor Ort entscheiden, als dass ich sinnlos Zeit totschlagen muss, oder gar hinterher feststelle, dass ich irgendwas großartiges nicht auf dem Schirm hatte. Mach dir keine Hoffnungen, DAS passiert sowieso, egal wie gut du planst.
1.5 Für alle Wetterlagen
Du hast dir einen Sonnenaufgang am See rausgesucht, stehst um 5 Uhr auf, fährst todmüde zum Fotospot… und stehst in einer fetten Nebelwand. Nun zeigt sich, ob du wirklich gut geplant hast, denn im besten Fall hast du – gebirgiges Gelände vorausgesetzt – vorausgeplant und schüttelst eine höher gelegene Alternative aus dem Ärmel. Habe ich natürlich nicht getan. Aber ich habe daraus gelernt. Sei also gerüstet! An dieser Stelle verweise ich gern nochmal auf mein Review zur Viewfindr-App, bei der sich seit Veröffentlichung des Beitrags eine Menge getan hat.
2. Das Zielfoto
Fremde Fotospots abgrasen ist ehrenlos? Ach komm, wer lässt sich nicht inspirieren? Und es wurde alles schon irgendwo von irgendwem fotografiert… nur noch nicht von mir! Also auf geht’s!
Die Herausforderung an der Geschichte ist, herauszufinden, von wo das Bild gemacht wurde. Eine Drohnen-Aufnahme habe ich für mich mal ausgeschlossen, also muss das Bild ja zwangsläufig von einem erhöhten Punkt aufgenommen worden sein. Und es schreit quasi nach Tele, aber das ist ja das geringste Problem.
2.1 Topographie
Für einen topographischen Überblick bietet sich das gute, alte Google Earth an, das als Windows-Anwendung mittlerweile Google Earth Pro heißt. Hier ‚fliege‘ ich nach Banska Stiavnica und suche zuerst mal das Stadion. Dieses vergleiche ich mit der mir vorliegenden Aufnahme, um zuerst die Himmelsrichtung zu bestimmen. Im Bild ist die Haupttribüne im Hintergrund, also muss der Fotograf hinter der Gegengerade gestanden haben, in dem Fall also grob irgendwo nordöstlich des Stadions. Google Earth verrät mir einen weiteren interessanten Fakt, nämlich die Höhe über dem Meeresspiegel. Das Stadion liegt auf 593m Höhe.
Nun drehe ich die Ansicht in die Waagerechte, um mich quasi vor Ort virtuell ‚umzuschauen‘ und siehe da… ein großer Hügel mit so nem komischen Gedöns drauf, genau nordöstlich! Das Gedöns ist augenscheinlich irgendwas Kirchliches und es müsste schon mit dem Teufel zugehen (hopsala…), wenn das Ding nicht irgendwie touristisch erschlossen, sprich, zugänglich wäre. Die Höhe verrät mir, dass ich locker 50 Höhenmeter über dem Stadion bin. Das sollte reichen. Also schaue ich mich dort erstmal mit Street View, bzw. mit den hochgeladenen 360°-Ansichten der User um. Hierbei bestätigt sich, was ich mir schon gedacht habe: Erstens, das Areal ist völlig frei zugänglich und zweitens, das Bild wurde irgendwo von diesem Hügel aus gemacht.
2.2 Plane genug Zeit ein
Wenn du nun euphorisch denkst „alles klar, hinfahren, abdrücken, wieder wegfahren“, lass dir gesagt sein: So einfach ist es nur in der grauen Theorie. In der Praxis erwarten dich natürlich allerlei Unwägbarkeiten und wenn du deine Tour zu minutiös geplant hast, kann dir sogar schon ein unverhoffter 20-Minuten-Marsch vom Parkplatz einen Strich durch die Rechnung machen. Plane also definitiv genug Zeit ein, um vor Ort etwas herumwuseln zu können. Wie diese Planung letztlich bei mir aufgegangen ist und ob ich das Foto wirklich machen konnte… das liest du demnächst im Reisebericht. 🙂
3. Halt…
…die Augen auf! Denn so kommst du mit gütiger Mithilfe von Kommissar Zufall plötzlich zu einem Fotospot. Es trug sich zu, dass ich in einem eher räudigen Hotelzimmer in Bratislava erwachte, schlaftrunken an der Wand entlang nach oben blickte und mein Blick an einem Bilderrahmen hängen blieb. Einer der Marke 50 Cent, das Bild lieblos wellig darin nur vage befestigt, aber das Motiv… ein Herrenhaus mitten im herbstlichen Wald, das Kastiel Palffyovcov. Nie gehört? Ich wette, die wenigsten Slowaken kennen das Ding, aber auch hierzu mehr im Reisebericht…
4. Routenplanung
Wie weiter oben schon gesagt, plane ich meine Fotospots nach Regionen. Denn nichts macht weniger Spaß, als 300 km zur Überbrückung fahren zu müssen, wenn man eigentlich fotografieren will und wenn man Ende Oktober unterwegs ist und es draußen nicht mehr ganz so lange hell ist. Ein Fakt übrigens, mit dem du dich auch vorher vertraut machen solltest. Die Zentralslowakei liegt in der gleichen Zeitzone wie Westdeutschland, aber mal eben Luftlinie 1.000 km weiter östlich. Das bedeutet, dass es da ne knusprige Dreiviertelstunde früher dunkel ist, als hier. Wenn du das nicht in deiner Planung berücksichtigst, guckst du ziemlich blöd aus der Wäsche, also prüfe einmal kurz z.B. auf suncalc.org die groben Zeiten für Sonnenauf- und Untergang.
5. Ein paar Tipps zur Unterkunft
Das schreibe ich eher auf, um es mir selber vor einer Planung immer und immer wieder durchzulesen. So wie Bart Simpson an seiner berühmten Tafel. Ich habe natürlich wieder den Fehler gemacht, eine nicht stornierbare Unterkunft zu buchen. Das stand mir zwar nur ein Mal im Weg und bei den örtlichen Unterkunftspreisen war das verschmerzbar, dennoch eine vermeidbare Dummheit. Du darfst nicht vergessen, dass du draußen unterwegs bist und eine Wochen im Voraus geplante Fototour kann vor Ort dann plötzlich ziemlich ernüchternd wirken, wenn das Wetter so gar nicht mitspielt. Frei nach Helmuth von Moltke überlebt kaum ein Plan den ersten Feindkontakt und so ist es wirklich cool, wenn du vor Ort spontan umplanen kannst. Und ziemlich uncool, wenn du es nicht kannst. Auch an die Moral der Mitreisenden (und deiner eigenen) kannst du denken, ein Kühlschrank im Zimmer kann echt einiges retten. Nichts macht weniger Spaß, als eh schon schlechte Bedingungen zu haben, vielleicht den ganzen Tag nichts fotografiert zu haben und dann den Abend mit pisswarmen Getränken in der Unterkunft hocken zu müssen.
Zu den Bewertungen sei Folgendes gesagt: Ich habe nichts gebucht, was unter 8,5 bei booking.com hatte und habe mich einige Male doch schwer gewundert, gerade über die Betten. Also vertraue den Bewertungen nicht blind.
Zusammengefasst achte einfach auf Folgendes:
- Flexible Stornooption, am besten bis zum Abend der Anreise
- Kühlschrank und evtl. andere Annehmlichkeiten im Zimmer
- Etappenlänge (reine Fahrtstrecke von-bis) sollte 200 km nur ausnahmsweise übersteigen
- Bewertungen sind nicht alles
6. Verwalten von Fotospots
Um meine Fotospots zu verwalten, nutze ich My Maps von Google.
Dort kann ich eigene Kartenpunkte anlegen, farblich kategorisieren und mit Notizen versehen. Die Karten kann ich mit meinen Freunden teilen, die ebenfalls Punkte hinzufügen kann. Auf dem Smartphone kann ich das dann im Browser (leider nicht mehr per eigener App) aufrufen und direkt via Android Auto an’s Navi übertragen.
In dieser Karte habe ich alle Fotospots farblich nach Ländern sortiert und immer, wenn mir irgendwas auffällt, wird es dort gespeichert. Der ganze Spaß macht sich spätestens dann bezahlt, wenn du planlos in einem fremden Land stehst, nicht weißt, wo du mit dir hin sollst und dann einfach schnell die Karte aufrufst. Dann stellst du im besten Fall fest, dass du keine 20 km von einem vorher geplanten Fotospot entfernt bist.
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