SønderjyskE – FC København / März 2010

SønderjyskE – FC København / März 2010
Das erste Spiel des Tages war sogleich der komplette Reinfall. Flensburg 08 spielt natürlich seit diesem Sonntag nicht mehr im Stadion, sondern auf einem Kunstrasenplatz (!) direkt neben dem eigentlich ziemlich stilvollen Stadion. Das erinnerte mitsamt der Holztribüne etwas an die Eilenriede, aber wenn der Platz schon nicht mal gekreidet ist… Den müden Kick gegen den TSV Kropp braucht man auch gar nicht mehr weiter erwähnen, nur ist’s schon auffällig, dass zwischen der fünften Liga in Schleswig-Holstein und der fünften Liga z.B. in Leipzig oder Herne ein himmelweiter Unterschied besteht. Nicht nur das Ambiente ist viel provinzieller, sondern auch das Spielniveau. Und der Wind. Wind ist böse!
Transferieren wir uns mal 60km weiter nach Norden und mir wurde schlagartig klar, was ich in Hannover vermisse: Flutlichtmasten! Die Dinger erleuchten die ganze Stadt, zeigen Ortsfremden den Weg zum Stadion und machen der ganzen Umgebung klar, dass nur diese vier Lichtdinger heute Abend wichtig sind: Hier is Fußball! Diese komischen Baumarktstrahler, die man in neumodischen „Arenen“ unters Dach schraubt, haben einfach überhaupt kein Flair.
Der Vereinsname des gastgebenden Vereines, SønderjyskE, hat, wie in Dänemark fast üblich, nicht wirklich etwas mit der Stadt zu tun. Das Stadion steht in Haderslev, was man als Zentrum der Region Südjütland – denn nichts Anderes heißt Sønderjysk – verstehen kann. SønderjyskE heißt also Südjütland-Elitesport, wird aber in Fangesängen und im allgemeinen Sprachgebrauch durchaus flüssig ausgesprochen.Das Haderslev Idraetscenter (etwa: Sportzentrum Haderslev) machte einen durchweg modernen und sympathischen Eindruck. Der Komplex bestand zunächst mal aus mehreren Nebenplätzen, einer davon mit Tartanbahn und insgesamt sechs Tennisplätzen. Dem Stadion war das Hauptgebäude angeschlossen, welches im Eingangsbereich eine Kantine und ein Sportcafé beherbergte, in dem gerade ein Nachmittagsspiel der ersten Liga zu bewundern war. In der „Empfangshalle“ standen mehrere neue Autos rum und ehe ich mich darüber wundern konnte, wurde ich durch den Blick in eine der beiden Sporthallen aufgeklärt. Es wurde gerade (parallel zu einem Erstligaspiel!) für eine Industriemesse aufgebaut, die sich wohl durch den ganzen Hallenkomplex strecken wird. Auch die Umkleidekabinen für die Spieler befanden sich in dem Gebäude und irgendwie ist man in Dänemark wohl eher sehr entspannt, denn Absperrungen fand man so gut wie keine und selbst zwischen Kabine und Ausgang zum Spielfeld konnte man sich ziemlich frei bewegen, ohne dass einen gleich 10 Ordner über den Haufen warfen. Übrigens gar nicht zu der modernen Architektur wollte der alte klapperige Bauwagen vor dem Gebäude passen, welcher den Kartenverkauf beherbergte.

Geht man durch den Haupteingang ins Stadion, findet man sich inmitten eines kleinen, zweckmäßigen Fußballstadions wieder. Die Haupttribüne (die übrigens in der ersten Etage über eine Brücke mit dem Funktionsgebäude verbunden ist) beherbergt 150 verglaste VIP-Plätze und 1500 konventionelle Sitzplätze. In Haderslev wurden hier nicht die Namen des Stadions oder der Tribünen verkauft, sondern die Eingänge und Blöcke. So betrat ich das Stadion durch den „Sydbank-Eingang“ und mein Platz befand sich im „Harmonien-Block“. Der Rest des Stadions war recht unspektakulär und würde in Deutschland vielleicht beim LR Ahlen, oder bei einem mittleren Drittligisten herumstehen. Rings um das Stadion befanden sich 8 Stehtraversen, die zwar mit Beton eingefasst waren, sonst aber nur aus lockerem Boden, sprich: Sand, bei Regen wohl eher Matsch, bestanden. Hinter den Stehtraversen befanden sich diverse, in himmelblau-weißen Vereinsfarben lackierte Holzbuden, die man in Deutschland eher auf einen Weihnachtsmarkt verorten würde und die alles Mögliche verkauften. Vom selbstverständlichen Hotdog über Gummibärchen (wo es einen eigenen Stand für gab!) bis hin zu Fanartikeln fand man hier alles. Überraschend gut und weitaus besser als nachmittags in Flensburg war die Bratwurst, welche mit typisch dänischem Hotdog-Brötchen und der typisch dänischen Auswahl aus drei Hotdog-Soßen geliefert wurde. Die Dänen machen es einem sehr leicht, Vorurteile zu pflegen. So ne recht große und verdammt schmackhafte Bratwurst konnte man für 25 Kronen (ca. 3,40€) erstehen.
Der Rasen hat zwar schon bessere Tage gesehen (Stichwort: Kartoffelacker), aber dafür konnte man von allen Plätzen – auch aus dem Gästeblock – ohne Zaun aufs Spielfeld blicken. Eigentlich verwunderlich, taten doch die 200 mitgereisten Ultras aus Kopenhagen alles dafür, bei allen möglichen Instanzen durch eben Ultra-Support und ein wenig Pyrotechnik in Ungnade zu fallen. Nur interessierte das Ordner und Heimfans mal überhaupt nicht und letztere kümmerten sich einfach weiter um das Spiel. Spätestens jetzt war klar, warum Zäune da einfach nicht gebraucht werden. Selbst auf den Stehplätzen geht das – trotz verbissenem Support – so friedlich zu, wie es in Deutschland nicht mal in der Bezirksliga möglich wäre.
Ein weiterer Vorteil der relativen Enge des Stadions war, dass es so ziemlich gut besucht aussah. Ich hätte schon mit 6.000 bis 6.500 Zuschauern gerechnet, es waren laut Durchsage des Stadionsprechers nur 4.317 Zuschauer zugegen. Dieser Geselle war sowieso überragend. Nicht nur hat er während des Spiels immer die Oddset-Quoten durchgegeben, sondern der hat die Spielernamen mit so einer endgeilen Betonung ausgesprochen, dass ich jedes Mal kurz davor war, mich auf meinem Sitz vor Lachen zu kringeln. Der Typ ist ein Original, das ich hier einfach nicht in Worte fassen kann, sondern das man mal erleben muss.

SønderjyskE war natürlich gegen den amtierenden Meister und souveränen Tabellenführer FC Kopenhagen nur krassester Außenseiter, was sie aber nicht daran hinderte, von der ersten Minute an, technisch ansprechenden Hochgeschwindigkeitsfußball zu zeigen. Dem Kopenhagener Trainer mit der schnittigen Christian-Gross-Frisur wurde das Treiben auch schon nach 15 Minuten zu bunt und er schickte seine ersten Ersatzspieler zum Warmlaufen. Technisch war das schon mindestens eine Klasse besser als letzte Woche in Tschechien. Zumindest bei SønderjyskE. Der FC Kopenhagen fand überhaupt nicht statt und zeigte sich für einen Titelaspiranten in erschreckender Verfassung. Aber, SønderjyskE spielt um den Abstieg und man hat auch genau gesehen, warum eigentlich. Die haben den Ball um’s Verrecken nicht ins Tor bekommen. Kurz nach der Halbzeit haben die sich dann eine saudämliche Ecke zum 0:1 gefangen, was im Gästeblock mit etwas Pyro gebührend gefeiert wurde. SønderjyskE hat das alles überhaupt nicht interessiert, die sind weiter wie in Trance auf das Kopenhagener Tor angerannt. Ein Lattenschuss, ein Mal musste der tschechische Ex-Nationalspieler Zdenek Pospech auf der Linie retten, aber trotzdem stand nach über 90 Minuten noch immer die Null auf der Seite von SønderjyskE. „Zeit für ne Ecke“, dachte man sich in Kopenhagen. Wieder genauso saudämlich und schon stand’s 2:0, was gleichzeitig auch der Endstand war. Ein völlig unverdienter Sieg für den FCK, der regelrecht an die Wand gespielt wurde, aber das kommt mir auch von 96 nicht ganz unbekannt vor. Schon gar nicht der Teil, wo „saudämlich“ drin vorkommt. Beim FCK soll übrigens auch irgendwo Jesper Grøenkjaer mitgespielt haben. Nur wo? Das dürfte sich bei gefühlten drei Ballkontakten eingependelt haben.

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