Groundhopping in Corona-Zeiten – Teil 2

Groundhopping in Corona-Zeiten – Teil 2

Im ersten Teil nahm ich dich mit „über’n Rhein“ und hoffentlich nicht über die Wupper. Denn sonst könntest du diesen Beitrag jetzt nicht lesen. Aber auch rechtsrheinisch und mit gebührendem Sicherheitsabstand zur Wupper haben wir interessante Stadien zu bieten. Einige stelle ich dir jetzt vor.

29.03.21 – Mitarbeiter des Monats

Der favorisierte Parkplatz schließt um 20 Uhr, war am Schild zu lesen. Um 19:15 Uhr war der Security-Typ schon damit beschäftigt, die Tore zu schließen. Schade, dann gehen wir das eben von Außerhalb an – flugs auf dem Absatz kehrt gemacht und mit der Kamera außerhalb des Geländes postiert. Kaum das Stativ aufgebaut, kamen nun auch schon der Security-Typ und sein Kollege angewatschelt und pöbelten erstmal munter drauf los. Ich ließ sie in Ruhe pöbeln und mich finster angucken, denn ich stand auf öffentlichem Grund und ihre etwas wirr vorgetragene ‚Argumentation‘, ich dürfe hier nicht fotografieren somit auf allzu tönernen Füßen.

Wirklich spektakulär ist das Ergebnis dann nicht geworden, ich wollte eigentlich erreichen, dass sich die untergehende Sonne in der Fassade spiegelt, bzw. diese anleuchtet. Dafür waren hinter mir aber zu viele Sträucher und Bäume, die der Sonne den Weg versperrten. So bleibt ein mittelmäßiges Foto, aber immerhin wurde die alte Regel bestätigt, nach der man einem Deutschen nur eine Uniform anziehen muss, und er fühlt sich ganz besonders stark.

Westfalenstadion, Dortmund | Nikon Z6 & Nikkor 14-30mm f/4 | 1/160 s. | f/8 | ISO 100 | 15 mm KB

30.03.21 – Grönemeyers Wohnzimmer

Ich weiß nicht, wie oft ich schon diesen Weg gegangen bin, den ich jetzt gemütlich entlang fahre. Die Fenster offen, die warme Frühlingsluft genießen und gedanklich etliche Märsche zum Stadion vor mir sehen: Aus dem Bahnhof rechts raus, den Ostring runter, in der Castroper Straße unter der Bahn durch, wo jedes Mal irgendein Bengalo gezündet wurde. Dann hoch zum Stadion, am Planetarium vorbei und direkt an den Gästeblock.

Heute parke ich direkt vor dem Stadion, es ist ja nichts los. Ich steige aus, der Geruch von Pyrotechnik zieht mir in die Nase und mich sofort gedanklich ins Stadion. Woher der kam? Keine Ahnung. Vielleicht von gegenüber aus dem Knast.

Einige der besten Auswärtsfahrten führten mich nach Bochum. 8. Mai 2010, 10.000 96er machen sich auf den Weg nach Bochum, um den eigenen Verein zu retten. Nach dieser Saison. Nach Robert Enke. Es wurde nicht weniger als das emotionalste Spiel der letzten 20 Jahre.

Zeit habe ich heute genug mitgebracht, der Sonnenuntergang ist noch eine Stunde entfernt und ich laufe am Stadion entlang, auf der Suche nach einer Perspektive, als die Sonne für einen kleinen Moment genau durch die Ecke des Stadions scheint. Ich fahr‘ dann wieder, besser wird’s nicht mehr.

Ruhrstadion, Bochum | Nikon Z6 & Nikkor 14-30mm f/4 | 1/60 s. | f/16 | ISO 500 | 14 mm KB

30.03.21 – Hafenstraße

Nun war der Sonnenuntergang immer noch 45 Minuten entfernt. Das Stadion Essen liegt ja auf dem Weg und man kommt gut mit dem Auto ran, also fahre ich einfach mal gucken. Zuerst fuhr ich jedoch bei der Lohrheide in Wattenscheid vorbei (das ist auch Bochum, Leute, die das Gegenteil behaupten, sind alles Lügner!), aber ohne Drohne und Sonnenaufgang nichts zu machen. Beides hatte ich nicht. Ich könnte bei Sonnenaufgang auf eine Halde krabbeln, aber dann hätte ich nen fetten Hochspannungsmast im Bild.

Das altehrwürdige Georg-Melches-Stadion habe ich ja leider nicht von innen gesehen und der überteuerte Neubau ist gar nicht mal so spektakulär geraten. Aber die Sonne schien auch hier direkt durch die Ecke, wenn auch nicht ganz so eindrucksvoll, wie kurz zuvor in Bochum.

Stadion Essen | Nikon Z6 & Nikkor 14-30mm f/4 | 1/60 s. | f/10 | ISO 160 | 14 mm KB

Der Flutlichtmast links ist ein Relikt aus dem alten Georg-Melches-Stadion und wurde als Denkmal stehen gelassen.

14.04.21 – Osnasen Bakayarou

Es ist gar nicht so einfach, ein japanisches Schimpfwort zu finden. Die Japaner beleidigen lieber im Kontext. 😉

Eine zweiwöchige Schlechtwetterfront inkl. Schneefall noch am 14. April ließ nicht daran denken, Stadien im Sonnenuntergang zu fotografieren. Umso größer wurden die Hummeln im Hintern und da Hannoi diese ebenfalls verspürte, schauten wir uns auf der Karte mal an, was so halbwegs auf halber Strecke zwischen uns liegt. Dabei kamen wir auf Osnabrück. Die hatten heute ein Nachholspiel gegen Jahn Regensburg, also würden die Flutlichter angeschaltet sein. Kuzze hatte spontan auch Lust, mal wieder was anderes zu sehen, als seine bestimmt wunderschöne Wohnzimmertapete und so traf ich mich mit letztgenanntem am späten Nachmittag auf einem einsamen Wanderparkplatz…

Wir fuhren eine Stunde durch feinstes Aprilwetter und landeten pünktlich zum Anpfiff in Osnabrück, wo wir uns sogleich an das Auskundschaften möglicher Fotospots machten. Die im Vorfeld herausgefundene Position war zwar an sich ideal, aber es waren sehr viele Bäume im Weg und von hier aus sah das Stadion aus, wie eine bessere Schul-Turnhalle.

Nun kam auch Hannoi und zu dritt tigerten wir ziellos um das Stadion herum. Nur: Es wurde nicht schöner und die fotogene Seite des Areals wurde mit Bussen, Wurstbuden und ähnlichem Gefährt bis zu Unkenntlichkeit vollgeparkt. Also beschlossen wir, uns hinter dem Heimbereich niederzulassen und das Beste aus der Situation zu machen. Sogleich fiel uns das Wohnhaus hinter uns auf, dessen Besitzer sich wohl gerade eine Mauer errichten möchte. Tetris Level -1896. Kennst du noch Numerobis aus ‚Asterix und Kleopatra‘? „Das da war auch mal von mir…“

Wie schon in Duisburg fielen mir auch hier wieder Leute auf, die während des Spiels um das Stadion herumtigerten. Einer hatte ein Tablet dabei und schaute das Spiel nebenbei auf Sky, ein anderer stellte sich alleine mit einer Bierflasche an ein Eingangstor, von wo aus man ca. 1/60 des Spielfeldes sehen konnte. In solchen Momenten kann man erahnen, welchen Stellenwert und welche Kraft der Fußball für viele Leute haben muss, dass Menschen es hinnehmen, sich einfach draußen allein vor das Tor zu stellen, wenn sie schon nicht mehr hinein dürfen.

Bremer Brücke, Osnabrück | Nikon Z6 & Nikkor 14-30mm f/4 | 1/10 s. | f/8 | ISO 100 | 17 mm KB

Die Bierflasche wurde von uns aus dramaturigschen Gründen im Bild platziert. 😉

Nach dem Spiel suchten wir auch ziemlich schnell das Weite, denn es ging auf 21 Uhr zu und dann würde die Ausgangssperre in Osnabrück in Kraft treten. Dass man sich über sowas mal Gedanken machen muss… erinnert mich etwas an Dynamo Dresden und ihr ‚legendäres‘ Spruchband „ihr habt eine Stunde Zeit, die Stadt zu verlassen.“ Fotografisch war das ein Schlag ins Wasser, dennoch war es mal wieder sehr nett, einen Abend mit Kuzze und Hannoi vor einem Stadion herumzulungern.

17.04.21 – Gelsenkirchen… Version 3 oder so.

Auf der Rückfahrt aus Osnabrück stormten Kuzze und ich etwas unser Brain, wo noch Stadien lauern könnten. Kuzze meinte, ich solle mal in Herne vorbeischauen, der Zaun dort hätte Löcher, so groß wie Mondkrater. Gesagt, getan und in unmittelbarer Nähe des Stadions liegt sowieso das Schloss Strünkede, ein kleines Wasserschloss. Nun ja, der Zaun ist neu und der Tümpel um das Schloss wies mehr Algen auf, als die Ostsee bei einer handelsüblichen Blaualgen-Plage. Also sattelte ich die Hühner, um ins 10 Minuten entfernte Gelsenkirchen zu fahren.

Hatte ich bislang ja überhaupt keine Idee, was ich mit deren Arena anstellen sollte, hatte ich nun endlich eine Eingebung: Die untergehende Sonne spiegelt sich in der Glasfassade der Haupttribüne. Leider war ich für diese Erkenntnis eine halbe Stunde zu spät vor Ort, aber ich kann ja noch ein viertes Mal nach Gelsenkirchen fahren. Ist ja so schön hier.

Arena AufSchalke, Gelsenkirchen| Nikon Z6 & Nikkor 14-30mm f/4 | 1/60 s. | f/8 | ISO 640 | 15 mm KB

Auch an der Glückauf-Kampfbahn fuhr ich noch einmal vorbei und diesmal war diese sogar beleuchtet. Ich verfluche den Typen, der genau hinter die Haupttribüne diesen fetten, orange leuchtenden Hornbach-Werbeturm gebaut hat! Das hat mich eine halbe Stunde in Photoshop gekostet, diesen hässlichen Klotz aus dem Bild verschwinden zu lassen! Es sieht übrigens nur so aus, als wäre mir der Weißabgleich missraten. Das ist die blaue Beleuchtung.

Glückauf-Kampfbahn, Gelsenkirchen| Nikon Z6 & Nikkor 24-70mm f/4 | 1,6 s. | f/8 | ISO 100 | 43 mm KB

Das war Teil 2 des Corona-Groundhoppings. Im nächsten Teil nehme ich dich mit nach Norddeutschland – solange keiner spontan mit ner bundesweiten Ausgangssperre um die Ecke kommt…

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