Picture Impossible in Little Tokyo

Picture Impossible in Little Tokyo

Es ist wieder Picture Impossible-Zeit und dieses Mal haben wir eine geradezu avantgardistische Aufgabe gekriegt. Also kämm dir den Rauschbart, bügel das Flanellhemd und stell den Soja Latte bereit – es geht auf die Straße!

Street Photografie, damit die beiden schonmal für den August üben können.

Dabei gelten folgende Rahmenbedingungen:

– 35mm Brennweite

– Schwarz-Weiß

– Großstadt >100.000 Einwohner

Ob ihr eine belebte Straße, einen vorbeikommenden Radfahrer, eine durchfahrende Straßenbahn oder was auch immer fotografiert, bleibt eure Sache. Auch die Tageszeit dürft ihr euch selbst aussuchen.

Müßig zu erwähnen, dass ich noch nie wirklich bewusst Street Photography gemacht habe und es mich bis vor einigen Tagen auch gar nicht interessiert hat. Aber das ist ja das Schöne an unserem kleinen Spielchen, dass man auch mal Dinge ausprobieren kann und sich mit Themen auseinandersetzen muss, die einem so gar nicht liegen. An Großstädten mangelt es hier ja zum Glück nicht und irgendwie war mir relativ schnell klar, dass ich das im Regen machen will. Daran mangelte es in den letzten Wochen ja auch nicht…

Versuch 1 – Little Tokyo

Nanu? Der ist doch für die Aufgabe nicht nach Japan geflogen?! Nein, natürlich nicht. Schade eigentlich, aber mein Vorstoß, die Reisekosten durch die Serverkasse zu decken, würde bei Kuzze wohl nicht besonders gut ankommen.

Wie praktisch, dass wir die kleine Ausgabe von Tokio quasi direkt vor der Haustür haben. Düsseldorf hat nicht nur Karneval und Altbier zu bieten, sondern ist nebenbei mit ca. 8.500 Japanern in und um die Stadt die größte japanische Gemeinde Europas. Entsprechend japanisch geprägt sind einige Stadtteile der Landeshauptstadt. Das Geschäftszentrum befindet sich rund um die Immermannstraße, im Volksmund auch ‚Japanmeile‘ genannt. Dort kann man nicht nur vorzüglich essen gehen und lecker Bubble Tea im SphereBay trinken, sondern sich auch in den zahlreichen Konbinis (kleine japanische Supermärkte) durch das für europäische Augen spezielle Sortiment wühlen.

Hanaro-Markt mit Hydranten | Nikon Z6 & Tamron 35-150 f2.8-f4 | 1/15s | f5 | ISO 800 | 35mm KB

Außerdem begegnet man sehr oft den zahlreichen Cosplayern, die sich gerade am Wochenende über die Geschäfte hermachen. Cosplayer sind Fans japanischer Popkultur, vornehmlich Anime und Manga, die sich in teilweise sehr aufwändig gestaltete Kostüme ihrer Lieblings-Charaktere werfen. Auch auf dem jährlich in Düsseldorf stattfindenden Japan-Tag kann man eine wahre Flut an quietschbunten Kostümen bestaunen.

Geschäfte auf der Japanmeile Immermannstr. | Nikon Z6 & Tamron 35-150 f2.8-f4 | 1/100 | f4 | ISO 1000 | 150mm KB

Die Bilder für die Challenge blieben allerdings durchschnittlich und so spielte ich im Nachhinein lieber mit einigen selbstgebastelten Lightroom-Presets herum.

Straßenszene am U-Bahnhof Oststraße | Nikon Z6 & Tamron 35-150 f2.8-f4 | 1/20s | f5 | ISO 800 | 35mm KB

Inzwischen schüttete es auch aus Kübeln, zumindest der Teil des Plans ging auf. Jedoch fand ich irgendwie nichts cooles für die 35mm. Eine Markise spendete ein trockenes Plätzchen, um etwas mit längeren Brennweiten herumzuspielen.

Kreuzung Immermannstr./Oststr. Düsseldorf | Nikon Z6 & Tamron 35-150 f2.8-f4 | 1/50s | f4 | ISO 1000 | 150mm KB

Klatschnass wie ich war, setzte ich mich ins Auto und fuhr fünf Minuten zum Graf-Adolf-Platz. Auch den hatte ich mir im Vorfeld ausgekundschaftet, denn dort steht eine stylische 30er-Jahre-Imbissbude, die ich gern in mein Bild einbauen würde. Hat geklappt.

Berliner Imbiss am Graf-Adolf-Platz Düsseldorf | Nikon Z6 & Tamron 35-150 f2.8-f4 | 1/15s | f2.8 | ISO 1000 | 35mm KB

Aber DAS Bild des Abends war dann ein Schnappschuss. Ich will gerade zum Auto, als ein einsamer Typ mit Regenschirm die Treppen zur U-Bahn runterläuft…

Mann mit Regenschirm in U-Bahn – Graf-Adolf-Platz Düsseldorf | Nikon Z6 & Tamron 35-150 f2.8-f4 | 1/320s | f2.8 | ISO 2000 | 35mm KB

Achja, Geschäfte mit Supernamen: „Ohren – Ihr Augenoptiker“. Ergibt Sinn.

Ein paar Tage später an der Theodor-Heuss-Brücke | Nikon Z6 & Tamron 35-150 f2.8-f4 | 1/640s | f7.1 | ISO 320 | 35mm KB

Versuch 2 – C.C.A.A.

Zurück aus Tokio und nun in die Sowjetunion… nicht ganz. C.C.C.A. steht für Colonia Claudia Ara Agrippinensium, oder wie der Deutsche sagt: Köln!

Straßenszene Breite Str. Köln | Nikon Z6 & Tamron 35-150 f2.8-f4 | 1/2000s | f2.8 | ISO 1000 | 35mm KB

Meine Sony RX100 III hat einen neuen Besitzer. Sie stand jetzt ein Jahr so gut wie nur im Schrank und deshalb musste sie gehen. Der Käufer kam aus Bonn, hatte jedoch ein Problem: Hochwasser! Die Bahnstrecken sind unterbrochen und so hatte er keine Chance, zu mir zu kommen. Also fuhr ich einfach zu ihm, bzw. wir trafen uns in Köln und da sich der Kollege als sympathisches Kerlchen entpuppte, starteten wir einen gemeinsamen Fotowalk durch die Kölner Innenstadt.

U-Bahnhof Appellhofplatz, Köln | Nikon Z6 & Tamron 35-150 f2.8-f4 | 1/2000 | f2.8 | ISO 1600 | 35mm KB

Erwähnte ich, dass der Kölner an sich so gar keinen Geschmack hat? Sonst würde er nicht so eine schreckliche Musik abfeiern, sein Bier nicht aus Reagenzgläsern trinken und diese Stadt nicht schön finden. Düsseldorf ist in allen Belangen schöner als Köln, hat aber zugegebenermaßen keine riesige Bahnhofskapelle. Diese war aber heute nicht Ziel meiner Reise, sondern eher die Innenstadt rund um den ganz schön räudigen Neumarkt. Speaking of Musik… *hüstel*

Kölscher Straßenfund – „Musik“

Die Nachmittagssonne war meinen Bildern nicht unbedingt zuträglich und meiner Lust, bei fast 30 °C in einer Großstadt herumzurennen, auch nicht. Also fuhr ich auf dem Rückweg noch in Düsseldorf vorbei und machte einen Abstecher in den Medienhafen. Dort lief ich auch sogleich in eine „Popup-Strandbar“, die Cocktails an die anwesende Gucci-und-Ralph-Lauren-Fraktion verkaufte. Bisher war ich nur ein Mal früh morgens im Medienhafen, umso erstaunter war ich über die Dichte der hochglanzpolierten Schwanzverlängerungen auf vier Rädern.

Hyatt Regency Hotel im Düsseldorfer Medienhafen | Nikon Z6 & Nikkor 14-30 f4 | 1/125s | f8 | ISO 100 | 14mm KB

Dank des noch vorhandenen Hochwassers ergaben sich interessante Motive.

Schirme unter Wasser im Medienhafen | Nikon Z6 & Tamron 35-150 f2.8-f4 | 1/80s | f8 | ISO 100 | 122mm KB

Und auch mein Challenge-Bild habe ich – eher zufällig – hier gefunden, aber das siehst du erst später.

Versuch 3 – Little Tokyo 2.0

Es ist der 31.7. und Hannoi hat noch kein Bild. Zwischendurch verließ ihn seine linksdrehende Autokultur und er konnte nicht nach Hannover. Da er wegen der August-Challenge eh bei mir weilte, fuhren wir am Samstagabend nochmal nach Düsseldorf. Ich wollte ihm schließlich auch die japanische Esskultur näher bringen. Wir stellten uns also am ‚Takumi‘ an, das die besten Ramen der Stadt serviert und warteten eine geschlagene Stunde, bis wir Platz nehmen durften. Hannoi erklärte mich daraufhin für bescheuert und fragte vorwurfsvoll wie fassungslos, warum man sich eine Stunde für eine Nudelsuppe anstellt. Weil’s die beste Nudelsuppe ist, die du jemals gegessen hast. Wetten? Wetten!

Fassade des Hotel Nikko | Nikon Z6 & Tamron 35-150 f2.8-f4 | 1/1000s | f2.8 | ISO 400 | 35mm KB

Nach einem anschließenden Rundgang hatte Hannoi das gleiche Problem wie ich: Er fand nix für 35mm. Eher alibimäßig fotografierten wir schnell eine Straßenbahn und fuhren Richtung Graf-Adolf-Platz.

Achtung, Straßenbahn! | Nikon Z6 & Tamron 35-150 f2.8-f4 | 1/250 | f2.8 | ISO 1250 | 35mm KB

Wir verfuhren uns, denn in Düsseldorf kann man eins nicht: Abbiegen, wenn man abbiegen will. Und so fanden wir uns plötzlich auf der Rheinkniebrücke wieder und erlebten einen bombastischen Sonnenuntergang. Wir machten also schnell kehrt, fuhren zum Medienhafen, aber bei der Dichte an Prollkarren an diesem Samstagabend hatten wir keine Chance auf einen Parkplatz. Und so schnell der Zauber gekommen ist, verschwand er auch schon wieder hinter einer pechschwarzen Wolkenfront. Also doch zum Graf-Adolf-Platz, dort hatte ich ja schließlich auch ein paar gute Motive. Bin ich nicht nett? Aber Hannoi fand irgendwie nichts und verteufelte stattdessen lieber die gestellte Aufgabe.

Spannendes Klientel, das an einem Samstagabend in Düsseldorf unterwegs ist. In der Altstadt mischen sich Junggesellenabschiede mit der angereisten Dorfjugend, im Medienhafen tragen die Zahnarztsöhne der Stadt ihre Autos und ihre Plastiktrullas spazieren und mittendrin laufen tausende Möchtegerns durch die Gegend. Die Kö ist seit geraumer Zeit abends am Wochenende abgesperrt, um die „Auto-Poser-Szene“ zu vertreiben. Gelingt nur bedingt, die posen jetzt halt woanders. So viele Proleten auf einem Haufen habe ich noch nie gesehen und ich war schon bei über 500 Fußballspielen. Mein Highlight war aber das T-Roc-Cabrio, aus dem sich ein Typ mit einem Gimbal herauslehnte, um den Typen auf dem Miet-E-Roller zu filmen, der hinter ihm her fuhr. Um 23 Uhr. Bei „available“ Light. Grüße aus der ISO-Hölle.

Aber immerhin fanden wir noch ein nettes Bild „off-the-challenge“ am städtischen Teich, hier Schwanenspiegel genannt. Links siehst du das Ständehaus, das eine Kunstsammlung beinhaltet, davor die Skulptur ‚Vater Rhein und seine Töchter‘ und rechts spiegelt sich der Rheinturm. Müsste dann doch eigentlich Rheinturmspiegel heißen?!

Schwanenspiegel mit Rheinturm und Ständehaus zur Blauen Stunde | Nikon Z6 & Nikkor 14-30 f4 | 30s | f13 | ISO 200 | 16mm KB

Die Challenge

Mir hat das Thema am Ende riesig Spaß gemacht. Hannoi hat nur eins Spaß gemacht: Die abgelaufene Deadline. Jetzt fühlte ich mich etwas schlecht, denn es fühlte sich ungefähr so an, als würde Fortuna Düsseldorf ein Pflichtspiel gegen die SG Bomlitz/Lönsheide haben.

Ich erinnerte mich daran, dass Bilder wenn möglich eine Geschichte erzählen sollen und so wurde das hier mein Bild:

Pärchen schaut auf ’seine‘ Stadt – Medienhafen Düsseldorf | Nikon Z6 & Tamron 35-150 f2.8-f4 | 1/2000s | f8 | ISO 720 | 35mm KB

Hannoi hingegen… hat das schlechtestmögliche seiner Bilder gewählt. Ich vermute, dass er das mit Absicht getan hat. 😀

Blick von der Savignystraße auf die A40 und Essener Skyline | Olympus Pen E-PL8 | 1s | f8 | ISO 100 | 36mm KB

Das Ergebnis

Die Juni-Challenge habe ich haushoch verloren. Und ich hatte nix zu erzählen, deshalb gab es dazu auch keinen Beitrag. Das Ding hier habe ich relativ komfortabel gewonnen. Am Ende hieß es 7,52 : 6,00 für mich, was den 2:2-Ausgleich im Gesamtergebnis bedeutet.

Die nächste Challenge führt uns an einen wirklich sehr hässlichen Ort. Sei gespannt…

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