Kameratausch im Plattenbau – Picture Impossible goes RUB

Kameratausch im Plattenbau – Picture Impossible goes RUB

Nach meinem grandiosen Sieg gegen einen am Boden liegenden Gegner im Juli, geht es nun an den August. Und was kann man sich mitten im Hochsommer schöneres vorstellen, als eine riesige Betonwüste? Eben. Vorhang auf für die Ruhr-Universität Bochum!

In diesem Monat schicken wir euch in eine wundervolle, herzallerliebste und wirklich schöne Stadt. Es geht für euch ins traumhaft, elegante: Bochum! 

Und damit das nicht alles ist, werdet ihr eure liebsten tauschen, eure Kameras! 

 Eure Aufgabe lautet:

Fotografiere im Unicenter oder der Ruhr Universität Bochum ein Motiv deiner Wahl. (Es kann auch draußen sein!!!) 

Breacht euch nicht die Pfoten ihr Wurstfinger! 

Was haben wir dem Bengel eigentlich getan? Bochum ist schon kein Highlight, aber diese RUB ist die Krönung. Vor dem Kameratausch hatte ich tatsächlich vorher relativ wenig Respekt, ich habe schließlich 15 Jahre lang ausschließlich mit Kompaktknipsen fotografiert und dieses fotografierende „Smart“phone von Hannoi ist ja im Endeffekt nix anderes.

So begaben wir uns an einem freudestrahlenden Sonntagmittag nach Bochum und zur dortigen Uni. Ohne es zu wissen, parkten wir im schönsten Teil des Areals, an irgendeinem trostlosen Hintereingang neben ein paar Altpapier-Containern.

Diese RUB muss man sich echt schön saufen…

Gib ma her

Nun aber erstmal der Kameratausch, ein essentieller Bestandteil der Aufgabe. Ich hatte ein bisschen gehofft, dass Hannoi mir das 14-42 draufpackt, damit ich zur Not wenigstens etwas ‚Street Style‘ machen kann, wenn mich diese Hässlichkeit hier erschlagen würde. Denn 14-42mm auf MFT sind ja 28-84mm auf Vollformat. Ich bekam (natürlich) das 9-18, aber umgerechnet 36mm am langen Ende kann man ja auch schon gebrauchen.

Ich gab Hannoi meine Z6, aber weil ich garstig bin, hab ich ihm das 35-150mm von Tamron draufgepackt. Mit Weitwinkel war bei ihm also Essig…

Erster Eindruck der Olympus Pen E-PL 8: Ganz schön lütt, echt nur so groß wie ein Smartphone. Wiegt aber um einiges mehr, was man aufgrund der Größe des Kamerabodys erstmal unterschätzt.

Die Haptik! Ein Traum! Das Klicken des Einstellrades macht schon nach fünf Sekunden süchtig – am liebsten würde ich die nächsten zwei Stunden einfach nur die Belichtung verstellen. Also ab in den manuellen Modus!

Halt. Erstmal Karte formatieren. In drei Sekunden erledigt. Krass. Hannoi hatte mich vorher ketzerisch gewarnt „viel Spaß beim Einstellen des ISO“, aber auch da war in wenigen Sekunden der Haken dran. ISO 200, weniger geht nicht. Ok… Natives ISO halt. Kurz mal den Touchscreen gecheckt – ausgelöst! Was zum?! Wer hat denn bitte Touch-Auslösen an seiner Kamera eingeschaltet? Die nutzloseste Funktion seit Erfindung des Touchscreens.

„Hülfä! Wo find ich denn das 3×3-Raster?“ Hannoi hat keine Ahnung, ich reiche ihm seine Kamera und er wühlt sich durch die Einstellungen. Geht nicht. Willkommen im Einsteiger-Bereich. Dafür feiere ich die 0,5 Sekunden Selbstauslöser, die ich zwar heute nicht brauche. Und ich feiere diesen Live-Composite-Modus, den ich am Vorabend in Essen auf meiner Lieblings-Autobahnbrücke ausprobieren dürfte. Warum hat sowas nur Olympus? Warum hat Nikon da so ne Krückenlösung fabriziert?

Hannoi hatte ebenfalls Spaß mit meiner Kamera, gerade der Sucher begeisterte ihn, sowas hat seine Kamera nämlich nicht. Ich traute mich kaum, ihm zu sagen, dass ich den fast nie benutze… Auch mit dem 35-150 kam er ganz gut zurecht, genug Motive fand er und weitläufig genug für den berühmten Turnschuh-Zoom ist das Areal sowieso.

Lost and forgotten

Ein dänisches Sprichwort sagt, über der Region Mitteljütland würden die Krähen auf dem Rücken fliegen, um sich das Elend auf dem Boden nicht anschauen zu müssen. Zweifellos würde dieses Sprichwort auch auf die Ruhr-Universität Bochum zutreffen.

Ein Ort wie ein Lost Place, der nur vergessen wurde, zu verlassen. Geplant und gebaut Anfang der 60er Jahre, als man es im Zeichen des Fortschritts für gute Ideen hielt, z.B. das historische Essener Rathaus, oder die Penn Station in New York abzureißen. Angelegt im westlich-sowjetischen Wettrüsten im Glauben nach dem ewigen Fortschritt und im Geiste der autogerechten Stadt weit im Süden Bochums schuf man eine Satellitenstadt, die mit dem eigentlichen Bochum kaum verbunden ist.

Wir arbeiten uns die erste Waschbeton-Treppe hinauf und stehen direkt vor etwas Kaputtem. Wir gehen weiter, „Free Belarus“ prangt auf einem offenbar selbstgezeichneten Plakat in spannendem Design.

Das Gesamtkonzept ist rund.

Oh, eine Fensterfront. Wir versuchen uns beide direkt an einer Spiegelung. Die Kunst ist, im Hässlichen das Schöne zu finden.

Und wenn einem das nicht gelingt, steht hier allerlei hilfreicher Unrat in der Gegend rum; Bananenschalen, eine Flasche Fiege, ein Einkaufswagen, eine Pulle Gorbatschow. Würd ich wohl auch brauchen, wenn ich hier studieren müsste…

Langweilig wird es uns nicht, begeistert durchkämmen wir jeden Winkel des Areals, das immer noch seltsam verlassen wirkt auf diesem Sonntagmittag.

Sorgt für etwas Farbe im Bild: Banane.

Einige Spaziergänger kommen vorbei und schnell ist man sich einig, dass dieser Ort ein Dunkler ist. Aber warum geht man hier spazieren, wenn man nicht – wie wir beide – einen an der Waffel hat und hier fotografiert?

Dann, mein Highlight! Der Trakt NA und nein, das steht nicht für „Nicht Abreißen“, denn die Tage dieses Gebäudes sind gezählt. Es wird durch einen Neubau ersetzt, der sich „unauffällig in das architektonische Gesamtkonzept einfügen soll“. Netter Euphemismus für „es wird genauso hässlich wie das alte Gebäude.“

NA – Schönheit Not Available

Alles hier erinnert mich an Paddy Ludolphs ‚Ugly Location Challenge‘, nur dass ich kein adrettes Model dabei hatte, sondern Hannoi um mich herumschwirrte.

Das mit dem Frischwasser funktionier hier nicht mehr so…

Ein verlassenes Parkhaus zog mein Interesse auf sich. Hier hat seit Jahrzehnten niemand mehr geparkt. Akute Prypjat-Vibes.

Langsam arbeiten wir uns zur „Promenade“ vor, die die RUB mit dem angrenzenden Uni-Center verbindet. Dort fiel mir eine kaputte Betonplatte auf, stilecht wie von Jackie Chan in der Mitte durchtrennt. Und statt diesen Missstand zu beheben, stellt man einfach ein klappriges Absperrgitter auf. Humor haben sie hier.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Auf der Promenade übte jemand Handstand. Ich ärgerte mich lieber darüber, dass die U-Bahn-Station wegen Bauarbeiten gesperrt war. Oder Jackie Chan war da…

Das Uni-Center ist nicht ganz so hässlich wie die Uni selbst, dank bis zu 20-geschossiger Wohnbebauung aber fast so schlimm. Hier wäre ich jetzt gerne eher bei Scheißwetter gewesen. Wir setzten uns in den Schatten, um den Ort auf uns wirken zu lassen und ich spielte etwas mit 20mm Brennweite herum.

Passenderweise cruiste gerade ein Dude auf seinem Fahrrad umher. Auf dem Gepäckträger eine Flasche Wasser und im Flaschenhalter ne Pulle Malibu. Sonntagmittag in Bochum…

Wir sind die coolsten wenn wir cruisen…

Anschließend kamen wir an einer Kirche vorbei. Mit abstrakt geformtem Metallkreuz. Ich dachte erst, das wäre ein Blitzableiter.

Und dann war es vorbei, das Spektakel namens Fotowalk im Akademikerghetto. Schön war’s. Nicht.

Es treten an…

Nie fiel es mir schwerer, mich für ein Bild zu entscheiden. 60 Bilder habe ich hinterher mitgebracht, eins scheußlicher als das andere. Ich wählte das falsche…

Das hier hat Hannoi zu dem Thema beigetragen:

Gewonnen hat Hannoi. 5,6 : 5,13 und ich frage mich, was wir dort hätten besser machen können/müssen/sollen.

Fazit

Heiland! Was für ein Ort! Das Uni-Center ist ein wenig weniger schlimm als die Uni selber. Dafür laufen dort die spannenderen Gestalten herum. Wer will hier ernsthaft studieren? Obwohl das Ding ja sogar einen guten Ruf genießt, aber wahrscheinlich lernen die Studenten so emsig, damit sie möglichst schnell wieder weg sind.

Die Olympus hat mir sehr viel Spaß gemacht, sollte ich irgendwann mal auf die Idee kommen, mir eine kompakte Zweitkamera zulegen zu wollen (die RX100 ist ja weg), dann kommt eine Olympus Pen sicher in die engere Auswahl.

Im September gibt’s Kontrastprogramm, es geht in den Wald. Aber ob sich das für einen Beitrag rentiert, weiß ich noch nicht. Der September ist nämlich beim Schreiben dieses Beitrags schon fast um und Spektakuläres habe ich nicht erlebt.

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