Heute wollten wir uns die Stadt anschauen, dies aber erst später. Es waren nämlich schon wieder 30°C, ohne dass sich eine Wolke am Himmel zeigte. Daher bevorzugten wir erstmal einen Ausflug an den Rankhof, eine kleine Sportanlage im Osten Kleinbasels, also der „deutschen“ Rheinseite. Ich hatte ja die Drohne mit und die wollte auch ein bisschen spielen. Diesbezüglich sind die Schweizer übrigens ziemlich entspannt; Solange du mindestens 5 km vom nächsten Flughafen entfernt bist, darfst du dort quasi alles.
Danach verließen wir bereits Basler Stadtgebiet und fanden uns in Birsfelden wieder, das offiziell schon zum Kanton Basel-Landschaft gehört. Dieses erreichten wir über das Rheinkraftwerk und zu unserer Verzückung fanden wir nicht weit davon einen riesigen Park direkt am Rhein. Dieser lud quasi dazu ein, die Schuhe in die Ecke zu werfen und etwas im Rhein rumzutigern.
Was grinst dieses Auto eigentlich so blöd?
Hannoi organisierte derweil etwas zu trinken und ließ sich von der einzigen Bude weit und breit bereitwillig über den Tisch ziehen. Für zwei Becher Eiswürfel mit zwei Fingerbreit Cola wurden ihm 13 Franken abgenommen. In diesem Park verbrachten wir die nächsten zwei Stunden und verspürten irgendwie so gar keine Lust, bei dieser Affenhitze durch die Stadt zu laufen. Allerdings mussten wir ja noch irgendwo was essen. Und vor diesem Teil fürchteten wir uns! Konnte die Nahrungsaufnahme gestern noch verhältnismäßig (!) kostengünstig im Stadion gestaltet werden, blieb uns ein Restaurantbesuch heute nicht erspart. Ich hatte im Vorfeld alle möglichen Restaurants abgecheckt und bin zu dem Schluss gekommen, dass es völlig egal ist, wo man etwas essen geht, es ist überall schweineteuer. Also entschieden wir uns aus Faulheit für das Lokal direkt in unserem Hotel: Ein asiatisches Etablissement, welches unter anderem meine geliebten Ramen im Angebot hatte.
Hannoi hatte nicht so großen Hunger und begnüngte sich mit einer Teigtasche für immerhin auch CHF 9. Was dann kam, damit hatte er nicht gerechnet. Mit großem Brimborium wurde ein Dim-Sum-Körbchen geliefert, aus dem weißer Rauch aufstieg. Dabei hatte er nicht versehentlich einen neuen Papst gewählt, sondern wir waren in einem 1a-Hipsterschuppen gelandet, in dem die Präsentation wichtiger ist, als die Menge des Essens. Normalerweise kehren wir auf solchen Touren eher beim Dorfgriechen und ähnlichen Kalibern ein. Nun ja, Hannois Gebiss schnappte zwei Mal zu und schon war der Bao Bun Geschichte und sein Gesicht war länger, als das eines Polizeipferdes. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Die Ramen war schon ganz gut, wenn auch kein Japaner in Düsseldorf vor Neid erblassen würde, aber diese Portion… und dafür CHF 25… Nur so viel: Wir suchten uns später noch ne Dönerbude und dieser (kleine) Kebab war mit CHF 8 nicht nur der teuerste, den ich jemals gefuttert habe, sondern auch einer der schlechtesten. Aber – wir sprachen drüber – was anderes hat in dem Nest um 23 Uhr halt nicht mehr auf.
Nun aber genug von der Nahrungsaufnahme, wir schnappten unseren Fotokram und fuhren mit der Tram in die Altstadt. Dort verdingten wir uns zuerst in der Nähe der Haltestelle ‚Bankverein‘ (Schweiz macht Schweiz-Sachen) und liefen dann Richtung Barfüßerplatz und Rathaus.
Das Rathaus wurde Anfang des 16. Jahrhunderts gebaut, als Basel der Eidgenossenschaft beitrat und nun auch etwas zum Herzeigen brauchte. Kosten und Mühen scheute man offensichtlich wenige, sogar ein goldenes Türmchen ließ man montieren. Der große Rathausturm wurde freilich erst fast 400 Jahre später angebaut. Auch heute zeigt sich reges Bautreiben, direkt neben dem Rathaus wird großflächig irgendein Shoppingtempel errichtet. Dies und die Tatsache, dass der gar nicht zu große Rathausplatz von einer gar zu großen Tramhaltestelle begrenzt wird, ließen vernünftige Fotoambitionen direkt im Keim ersticken. Also 14mm drauf und einfach stumpf davor stellen! In meiner Verzweiflung kippte ich sogar reichlich Wasser auf die Kopfsteinpflaster, aber um hier eine Pfütze – und damit eine Spiegelung – zu erzeugen, hätte ich schon einen ausgewachsenen Eimer benötigt. Diese Brunnen sind übrigens eine großartige Erfindung. Knapp 200 stehen in der ganzen Stadt herum, sehen gut aus und spenden nebenbei kostenlos Trinkwasser für alle, die es benötigen, unter anderem für geizige Touristen.
Plötzlich ertönten Trommeln und Tschingderassabumm durch die Stadt, sodass wir erst an einen Schützenumzug glaubten. Wenig später erschien auch die Ursache des Lärms vor unserer Nase; eine Horde historisierend verkleidete Dudes mit der Flagge der 13 US-Kolonien zog durch die Stadt. Warum sie das taten und was sie bezwecken wollten? Ich habe nicht den geringsten Dunst!
Wir machten uns unterdessen auf zum St. Alban-Ufer, das ca. 15 Minuten Fußweg entfernt liegt. Dort bekommt man die klassische Postkarten-Ansicht von Basel zu sehen, die quasi jeder fotografiert. So auch wir, denn die Recherche-Zeit im Vorfeld verlief kurz und unkoordiniert und so fiel uns einfach nichts besseres ein, zumal sich hier direkt zwei Fotomotive ergeben wollten. Aufgrund des absolut unspektakulären Sonnenuntergangs flog ich jedoch erstmal ein bisschen mit der Drohne durch die Gegend.
Als sich die blaue Stunde zeigte, nahmen wir uns erst die Roche-Towers am anderen Flussufer vor. Wie der Name schon sagt, gehören die Türme zum Hauptsitz des Pharma-Unternehmens.
Nun hat sich auch das Basler Münster dazu entschlossen, die Beleuchtung einzuschalten. Und nein, das Bild ist nicht schief, die Brücke steigt tatsächlich leicht an.
In diesem Moment reifte in mir ein Entschluss, der bei der Bildbearbeitung am heimischen Rechner komplettiert wurde; die Z6 kommt weg! Ich weiß nicht, ob es an meiner Dummheit liegt, oder ob Nikon einen magnetischen Sensor gebaut hat, der Staub und Flusen magisch anzieht… ich kann vorsichtig sein, wie ich will, ich kann das Ding sauber machen wie ich will, dieser verdammte Sensor ist immer (!) dreckig. Und zwar nicht ein paar gut in Lightroom wegzustempelnde Punkte-dreckig, sondern richtig große-schwarze-Streifen-dreckig. Außerdem habe ich in Basel gelernt, wie maximal sinnlos es ist, eine fette Vollformat-Kamera im Hochsommer durch eine große Stadt zu schleppen. Wie diese Geschichte ausging, gibt es an anderer Stelle zu lesen…
Zurück in unsere laue Sommernacht: Wir machten uns auf den Weg zum Aeschenplatz in die Nähe des Hauptbahnhofs, denn dort habe ich am Vortag beim Vorbeifahren eine schöne, alte Tram-Station ausfindig gemacht. Auf dem Weg dorthin kläffte uns plötzlich eine als Hund getarnte Teppichratte an und wollte speziell Hannoi gar nicht mehr von der Seite weichen. Die Besitzerin war auch direkt sehr redselig, was Geschichten rund um Fiffi anging. Zu unserem Glück tat sich wenig später eine elegante Problemlösung in Form der Nachbarskatze auf, die im Hauseingang nebenan ihr Schlafplätzchen gefunden hat. Bis sie vom heranstürmenden Fiffi unsanft aus ihren Träumen gerissen wurde, was sie mit einem saftigen Fauchen quittierte. Wir nutzten den Aufruhr, um uns unbemerkt aus dem Staub zu machen.
Am Aeschenplatz hatte ich leider so gar keine Idee für meine Station, da dort allerhand modernes Zeug herumstand, das jegliche Stimmung erfolgreich zunichte machte. Also haben wir kurz den schlechtesten und teuersten Döner der Welt in uns reingeschaufelt und sind ins Hotel gefahren. Am nächsten Morgen waren wir dann nochmal hier…
Der Morgen startete dann mit einer Fahrt zum Bahnhof, um unseren Krempel ins Schließfach zu werfen. Danach fuhren wir nochmal in die Stadt, Hannoi wollte nämlich noch zum Spalentor. Eine ausgezeichnete Idee, wie ich – vor Ort angekommen – feststellen durfte. Hierbei handelt es sich um eines von drei erhalten gebliebenen Stadttoren, welches um 1400 fertiggestellt wurde. Auf das Tor, das als eines der schönsten der gesamten Schweiz gilt, läuft die Straße Spalenvorstadt zu, die mit ihren schönen Häusern einen wunderbaren Rahmen für das Tor bildet.
Auch ein Blick auf die ansässigen Geschäfte lohnt sich, während Hannoi über die Touristen in seiner Linse fluchte, vertrieb ich mir die Zeit, indem ich die Ladenfronten fotografierte, was ihn verwundert fragen ließ, was ich da wohl treiben würde: „Na, fotografieren! Siehst du doch!“
Auf der anderen Seite hat man zwar theoretisch genug Platz, das komplette Spalentor mit einem Weitwinkel auf’s Bild zu kriegen, allerdings steht direkt davor ziemlich viel neumodisches Ampelzeug und die Straße ist wirklich stark befahren – auch an einem Samstagmorgen.
Wir begaben uns langsam wieder auf die andere Rheinseite, denn die Abfahrt rückte näher. Vorher hielten wir jedoch noch am Wettsteinplatz, wo ich am Vortag eine coole Tankstelle gesehen hatte. Leider wirkte diese auf Fotos dann doch nicht so toll, aber mit Roller im Vordergrund doch ganz ok
Wir hatten nun rein gar nichts mehr zu tun, Hannoi wollte noch zur Mittleren Brücke, die ein passables Fotomotiv abgibt. Nur leider nicht gerade in der Mittagshitze, jedenfalls war unsere Lust zu fotografieren eher überschaubar. Jedoch hatten wir eine Treppe entdeckt, die in den Rhein führte. Kurzerhand setzten wir uns drauf und steckten die Füße ins Wasser. Hier konnte man es wunderbar über eine Stunde aushalten. Dabei wurden wir Zeugen einer Basler Tradition; dem Rheinschwimmen. Ich weiß nicht, wie viele Leute in dieser Zeit an uns vorbei paddelten, es war sicher eine vierstellige Anzahl. Der Ablauf ist simpel: Du nimmst einen wasserdichten Sack, Wickelfisch genannt, in den deine Klamotten verstaut werden und der dir im Wasser gleichzeitig Auftrieb verleiht. Damit steigst du irgendwo oben in den Rhein und lässt dich einfach treiben. Bis zu 3 km kannst du so zurücklegen. Der Schwimmbereich ist sogar großzügig abgetrennt, damit die Binnenschiffer den Schwimmern nicht in die Quere kommen.
Kurz vor dem Bahnhof hielten wir noch an der Messe. Hier wollte ich kurz mal die abstrakte Dachkonstruktion ins Bild nehmen, während Hannoi demonstrativ-gelangweilt daneben stand und garstige Kommentare von sich gab. Nachts ist dieser Platz übrigens spannend mit Laufschrift beleuchtet, aber ich konnte an keinem der beiden Abende die Energie aufbringen, dort das Stativ aufzubauen.
Nun ja, Rückfahrt… Diesmal hatte Hannoi das Glück, ohne Umstieg bis fast vor seine Haustür fahren zu dürfen. Ich dürfte in Mannheim, Köln und Wuppertal umsteigen. Der Zug kurvte schon quer durch die Schweiz und kam bereits mit 15 Minuten Verspätung in Basel an, weil „sich einige Fahrgäste nicht zu benehmen wusste“, wie die Zugbegleiterin verkündete, nicht ohne Stolz, an dieser Verspätung gar keine Schuld zu haben. Ich verabschiedete mich schon mal innerlich von meinem Umstieg in Mannheim, hatte dort aber immerhin genug Alternativen – nach Köln fährt da quasi im Minutentakt irgendetwas.
Leider erwischte ich ausgerechnet den Zug, der von Bonn nach Köln genauso lange brauchte, wie vorher von Frankfurt nach Bonn. Laut DB-App wurde kurz der Zug repariert und offenbar darf man mit reparierten Zügen nicht über Deutz fahren, sondern muss den Umweg über die Südstrecke nehmen, was mich gleich zwei Anschlüsse kostete.
Frustriert erstand ich eine (sensationell gute) Krakauer im Kölner Hbf. und setzte mich schon mal ans Gleis. Der nächste Zug um 19:37 nach Düsseldorf nützte mir nix, denn die Bahn von Düsseldorf nach Wuppertal fiel aus. Also musste ich bis 19:52 und somit gut 40 Minuten auf eine Regionalbahn warten. Diese Wartezeit wurde immerhin vom ICE auf dem Nachbargleis versüßt: Die Tür zum Bordbistro ging auf, ein Müllsack flog im hohen Bogen auf den Bahnsteig, die Tür ging wieder zu.
Die Regionalbahn hält in Köln an jeder Frittenbude und fährt nach Wuppertal, was an einem Samstagabend in einem äußerst spannenden Publikum resultiert. In Leverkusen stiegen noch einige rotzvolle Bayer-Fans ein, deren Truppe gerade von Augsburg auf den Sack gekriegt hat. Selten fand ich Fußballfans so nervtötend wie diese dummen Figuren. Jetzt weiß ich, wie sich normale Reisende fühlen, die nicht part of the game sind und einfach nur – von der DB eh schon gepeinigt – nach Hause wollen.
Solingen Hbf. ist erreicht. Hier steigen nur Menschen ein, die am Körper genauso viel Fett haben, wie auf dem Kopf. Wuppertal-Vohwinkel. Zeit auszusteigen. Hätte ich das mal nicht gemacht. Ich erwähnte ja eingangs schon mal die tolle S-Bahn-Taktung auf meiner „Heimatstrecke“. Dies führt dazu, dass man genau 0 Sekunden Zeit zum Umstieg hat. Natürlich probierten mein Sitznachbar und ich es dennoch, denn in Vohwinkel will man nicht eine halbe Stunde seines Lebens verschwenden. Zu unserer Überraschung stand die S-Bahn auf dem Gleis und machte so gar keine Anstalten, sich aus diesem gottlosen Kaff zu entfernen. Der Lokführer murmelte kurz etwas von „Feuerwehreinsatz im Gleis“ und dass er hier noch eine Weile stehen müsse. Ich habe jetzt Lust, ebenfalls einen Feuerwehreinsatz zu provozieren… die einzige Alternative war, mit der Schwebebahn in die Innenstadt zu fahren und von dort aus den Bus nach Hause zu nehmen. Leider hat irgendein Profi die Schwebebahn-Station 700 Meter vom Bahnhof entfernt aufgebaut. Mit drei Taschen und noch immer knapp 30°C macht dieser „Sprint“ total viel Spaß. Der darauf folgende Bus kurvte noch eine halbe Stunde durch die Wildnis – natürlich unklimatisiert – und ließ mich mit ca. 90 Minuten Verspätung zuhause ankommen.
Was für ein toller Bericht! Ich bin sehr beeindruckt, was du alles über Basel herausbekommen hast, das zeugt von großer Neugier und Wissensdurst. Selbst für mich waren einige Dinge neu, zB dass die Wettsteinbrücke in Richtung Bankverein ansteigt. Das ist mir noch nie aufgefallen! Wenn man vom Bankverein zum Barfüsserplatz hinuntergeht (am Theater vorbei), steht linker Hand der berühmte Tinguely Brunnen https://www.basel.com/de/attraktionen/tinguely-brunnen-f6161be6f6 . Das wäre nochmal ein Motiv wert gewesen. Herrlich dein Bericht, ich bin begeistert!
Andreas
Moin Andreas,
schön, dass dir auch Teil 2 gefallen hat. Das mit der Wettsteinbrücke siehst du auch so gar nicht wirklich, auch niht, wenn du unten am St. Alban-Tal stehst. Das habe ich erst hinterher bei der Bildbearbeitung gesehen. Am Tinguely-Brunnen sind wir tatsächlich vorbeigelaufen, aber dank der Sommerhitze waren dort mehr Menschen als Brunnen zu sehen und daher haben wir ihn – im wahrsten Wortsinne – links liegen gelassen.
viele Grüße
Ben