Fröhliche Mainzer überall

Fröhliche Mainzer überall

Zum vierten Mal innerhalb der letzten 12 Monate wollte eine Tour nach Skandinavien anstehen. Diesmal jedoch hat sich die Expedition dafür entschieden, noch weiter in den wilden Norden vorzudringen. Nicht weniger als sechs verschiedene Touren standen vorab zur Disposition, leider hat Kollege Zebra erst im Anschluss der Tour verraten, dass das Derby Mjøndalen IF vs. Strømsgodset IF in Drammen und somit nur ca. 50 km von unserem samstäglichen Ziel stattfand. Das hätte ich diesem Schrott in Farum nur zu gerne vorgezogen.

04.10.19 19:00h - FC Nordsjælland vs. Lyngby BK 1:1 (1:0) Zuschauer: 3.090/600
05.10.19 18:00h - Odds BK vs. Vålerenga IF 1:1 (0:0) Zuschauer: 5.326/300
06.10.19 14:00h - Brøndby IF vs. FC København 3:1 (2:1) Zuschauer: 21.747/300
06.10.19 17:30h - Malmö FF vs. IFK Göteborg 1:0 (0:0) Zuschauer: 18.473/1.500


Farum nur haben wir uns ausgerechnet für diesen Kick im Norden Kopenhagens entschieden? Nachdem sogar Hamburg (auf einem Freitag!) kein Problem war, hatten wir das große „Vergnügen“, drei Stunden vor Anpfiff in diesem gottlosen Kaff zu sein. Auch der Einkauf im schäbigsten Supermarkt der westlichen Hemisphäre – da kann kein Norma dieser Welt gegenhalten! – nahm nur unwesentlich Zeit von der Uhr, sodass wir immer noch 2 Stunden vorher am Stadion herumlungerten. Der Fanshop war ein einziger Schlag in die Fresse, keine Pins, keine Gläser. Danke Merkel. Amüsant fand ich jedoch, dass wir aus der Ferne von einigen Trotteln des heimischen FC Nordsjælland bepöbelt wurden, die uns offenbar für Fans des Gastvereins Lyngby BK hielten. Geradezu traurig wurde ich, als fünf Minuten später ein Bus mit Fans aus Lyngby vorbei fuhr und diese uns jede Menge Mittelfinger entgegen streckten. Irgendwas müssen wir den Leuten hier getan haben, man mag uns hier offenbar nicht. Dazu muss man wissen, dass Farum und Lyngby keine 10 km auseinander liegen und da sich die beiden großen Vereine FC København und Brøndby IF keinen Pfifferling für diese beiden Trottelriegen interessieren, fechten die eben ihr eigenes Derby aus.

Schnell rein ins Stadion, um der lausigen Kälte zu entkommen – und um festzustellen, dass die ersten Reihen der Tribüne nicht überdacht waren. Praktischerweise hatten wir genau dort unsere Plätze. Aber erstmal was zu futtern sichern, die Wurst vom Grill extrahierte den dänischen Nationalgeschmack perfekt: Fett! Zu unserer Freude ließen sich im Gästeblock 600 Nasen nieder und sorgten für einen ansprechenden Support, während auf Heimseite nur die Jogginghosenquote hoch war, der Lautstärkepegel eher nicht. Das Spiel war genauso zum Abgewöhnen wie unsere Plätze im abendlichen Nieselregen knapp über dem Gefrierpunkt. Nicht mal irgendwelche ehemals bekannten Spieler waren zu vernehmen. Die einzige Besonderheit war, dass der FCN ca. 5 Mio. Ghanaer im Kader hat. Nur so viel zum Spiel: Frühes Tor von Nordsjælland, verdienter Ausgleich von Lyngby. Abpfiff.

Farum Park, FC Nordsjælland

Nach diesem machten wir uns auf nach Kokkedal. Klingt holländisch. Ist dänisch und liegt auf halbem Weg zwischen Kopenhagen und Helsingør. In einer dortigen Reihenhaussiedlung wartete unser AirBnB-Haus auf uns. Das Carport hatte eine Breite von ca. 1,90m und das Haus wusste sich in einer stockfinsteren, unbeleuchteten und von Hausnummern verschmähten Gegend sehr gut zu verstecken. Aus einem Nachbarhaus stolperte diesen umherstreunenden Gestalten ein sogar deutsch sprechender Däne entgegen, der uns den Weg zum richtigen Haus zeigte. Den Vordereingang davon hatten wir für ein Gartentor gehalten. Flugs rein in die Bude und nicht schlecht gestaunt. Die Kiste hatte genau das, was die Dänen ja gerne ‘hyggelig‘ nennen, du kommst rein und fühlst dich sofort wohl. Dieses irgendwie typisch skandinavische Auge für klares Design und schöne Details und sofort ist diese Wohlfühlatmosphäre da. Man kommt rein, steht direkt in der riesigen Küche auf deren Esstisch Kampfjets landen könnten und schaut auf eine Empore mit einem weißen Holzgeländer, von wo aus man die oberen Zimmer erreicht. Am Kühlschrank fanden sich zahllose Magnete aus aller Herren Länder, der Däne an sich ist wohl reisefreudig und auch an diesem Wochenende waren sie wohl irgendwo auf Reisen und haben uns netterweise ihre Bude überlassen.

Sehr ‚hyggelige‘ Einrichtung

Hannoi wollten wir erst das Zimmer mit dem riesigen FCK-Aufkleber überlassen, ließen es aber bleiben, da die Tür als ‚privat‘ markiert war. Später erfuhr ich von unserer Gastgeberin, dass das nur ein Spaß von ihrem Sohn war und wir das Zimmer natürlich hätten nutzen können. Schade eigentlich.

Bevor wir die Hot-Dog-Bastelei anfingen, wollte das Zebra kurz zum Auto galoppieren… und war ne Viertelstunde verschwunden. Ein Kreisverkehr für Fahrräder (verrücktes Land!) wurde ihm zum Verhängnis und er nahm die falsche Ausfahrt. Hoffentlich hat er wenigstens den Blinker gesetzt, man muss ja nicht direkt in jedem Land als Kartoffel auffallen. Nachdem auch diese erschreckend geschmacklosen, aber dafür nach Atomkrieg aussehenden Pølser in die Hot-Dogs und Mägen verfrachtet wurden, ließen wir den Abend entspannt mit der mitgebrachten Playstation auf dem übertrieben großen Sofa ausklingen. Hansa Rostock gefällt das. Besiktas nicht.

Als der Wecker am nächsten Morgen um 6 Uhr klingelte, war ich ihm fast dankbar, denn so musste ich diese gottlose sibirische Gulagpritsche nicht länger ertragen. Hauptsache nen 960-Zoll-Flatscreen im Wohnzimmer, aber Matratzen für 10 Kronen gekauft. Auch der Rest der Bagage war zeitig abfahrbereit und so konnten wir pünktlich um 7 Uhr losreiten. 700 km lagen also vor uns, welcher Trottel hatte eigentlich diese glorreiche Idee? Wo wir gerade von glorreichen Ideen sprechen, darf auch das Mautsystem der Øresundbrücke nicht unerwähnt bleiben. Normalerweise kostet eine (!) Überfahrt flauschige 48€, aber wenn man einen Jahresabo, den so genannten BroPas für 43€ erwirbt, zahlt man nur 23€. Wenn man mit BroPas rüberfährt und innerhalb von 6 Stunden zurückkehrt, zahlt man sogar nur 14€. Verstanden? Nö, ich auch nicht. Und wer das bei der Tourenplanung ausrechnen und dann noch mit den Fährpreisen in Helsingdings und dem Umweg vergleichen darf, dem sollten eigentlich sämtliche Getränke ausgegeben werden.

Ist Dänemark schon die Ausgeburt landschaftlicher Langeweile, steht Schonen, die südlichste Provinz Schwedens dem in nichts nach. Felder, Wälder, sanfte Hügel, aber nirgendwo irgendwas Interessantes. Kein Wunder, dass die Dänen Jahrhunderte lang scharf auf diesen Landstrich waren, denn bis 1658 gehörte Schonen zur dänischen Krone. Und dann ist da auch noch ein Tempolimit von 110! Auf menschenleeren Strecken! Das zieht sich vielleicht… Um der Einöde Einhalt zu gebieten, entschieden wir uns für geschmackvolle Musik, also Vereinslieder aus Holland und Deutschland. Grüße gehen raus an den PEC Zwolle!

Mitten in dieser Einöde und praktischerweise nur 15 km von unserem Reiseweg wartete tatsächlich der größte Supermarkt der Welt auf Besucher. Das zweitliebste Hobby der gesamten Autobesatzung ist das Durchstöbern ausländischer Supermärkte, also war der Abstecher dorthin sehr schnell und einstimmig beschlossen. (Theofanis) Gekås heißt dieses riesige Ding und das Teil dürfte tatsächlich größer sein, als der Ort Ullared drumrum mit seinen 700 Einwohnern. Dieser Supermarkt hat 35.000 m² – das ist die Größe der größten Karstadt-Filialen z.B. am Berliner Ku’damm – und 80 Kassen! Und auch ein Campingplatz für Heerscharen rüstiger Wohnmobilrentner ist nicht weit entfernt. Beige Hemden, Khaki-farbenen 3/4-Zipperhosen und Tennissocken in Sandalen kennzeichnen den kontinentaleuropäischen Wohnmobilrentner (gerne mit einer John-Deere-Cap garniert) und an diesem verfluchten Ort des Ramsches nahm dessen Quote nahezu beängstigende Ausmaße an.

Der Kommerztempel

Nun ja, Parkplatz gesucht und gefunden, sicherheitshalber mal nen Einkaufswagen mitgenommen und rein da. Auf den ersten Blick waren wir nur überfordert, denn die Verkehrsdichte in diesem Markt übertraf die eines durchschnittlichen deutschen Supermarktes selbst am 23. Dezember. Auf den zweiten Blick stellten wir fest, dass das mit einem normalen Supermarkt überhaupt nichts zu tun hatte, denn eigentlich war das eher ein riesiges Kaufhaus, das sich einen feuchten Dreck um Warenpräsentation scherte. Die Klamotten wurden also einfach in große Gitterboxen gepackt, riesige Preisschilder dran und den Rest besorgt die Gier der Menschen. Allerdings mit einem klassischen Warenhaus hatte das auch wieder nichts zu tun, denn ein Warenhaus dient ja noch mehr als nur dem bloßen Befriedigen niederer Kaufwünsche: Der Kunde möchte verführt werden, die Ware zu kaufen, die da so schön in bestem Licht präsentiert ist, er möchte beraten werden, er möchte sich die Nase an den Schaufenstern platt drücken. Hier hingegen, in diesem in fahles Licht getauchten Wellblechbunker inmitten des schwedischen Nichts geht es nur darum, schnell und viel zu konsumieren. Dabei gilt die Prämisse, je billiger, desto geiler und es wird eigentlich alles feilgeboten, was chinesische Kinderhände in Akkordarbeit herzustellen imstande sind. Gekås ist also der innerschwedische Gegenentwurf zu Greta, denn das Nachhaltigste an dem ganzen Laden ist wohl der der Busch, der den Kreisverkehr an der Einfahrt ziert. Der Titel größter Supermarkt der Welt impliziert ja, dass man da Lebensmittel kaufen kann. Kann man theoretisch auch, aber die Lebensmittelabteilung war das Enttäuschendste im ganzen Verein, vielleicht so groß wie ein Lidl und Dinge, die man in jedem schwedischen Supermarkt kaufen kann, fehlen komplett: Fisch, Fleisch, oder einfach nur Surströmming. Dafür gab es – auch typisch schwedisch – eine 3 km lange Gummibärchentheke und ca. 1.896 verschiedene Sorten Marabou-Schokolade. Meine Mitfahrer waren auch ziemlich angepisst, denn es gab in der ganzen Hütte keinen Sprit zu kaufen. Nicht mal mit nur 3,5 Umdrehungen. Nix! Die armen Schweine nüchtern mir noch aus, wir müssen in Norwegen unbedingt irgendwo Bier kaufen…

„Heh, Arschloch! Gib uns sofort deinen Hot-Dog, Arschloch! Warum fotografierst du uns? Arschloch!“

Nach gut 1,5 Stunden setzten wir unseren Weg gen Norden fort und passierten Göteborg. Hiervon sahen wir nur die Ausläufer, aber das machte auf jeden Fall Lust auf mehr. Unter Anderem passiert man den Lisebergpark, ein Vergnügungspark ähnlich dem Tivoli in Kopenhagen, allerdings direkt an der Autobahn. Gerade die mächtige Holzachterbahn mit ihrer gewaltigen Unterkonstruktion machte doch gewaltig Eindruck. Danach kam 150 km gewaltiges Nichts! Zwischen Göteborg und der norwegisch-schwedischen Grenze, die hier aus dem so genannten Schweinesund besteht, passiert absolut gar nichts. Die Autobahn ist übrigens erst seit gut 20 Jahren fertig, vorher musste man sich mühsam durch die wenigen Ortschaften quälen. Aber immerhin wurde es nun langsam „fjordig“ und die Landschaft wusste sehr zu gefallen. Man kommt zum Beispiel direkt am Saltkällanfjord vorbei, der die Ostsee 30 km ins Landesinnere bringt. Oder man fährt an einem unverdächtigen Parkplatz pissen und steht plötzlich vor einem Weltkulturerbe. Genau gesagt an den Felsritzungen von Tanum aus der Bronzezeit, über die mit einer Ausstellung aufgeklärt wird. Aber irgendwie recht unspektakulär, also ging es direkt weiter, rein nach Norwegen und wieder wurden wir mit einem lustigen Mautsystem konfrontiert, das einer näheren Erläuterung bedarf.

Zugute halten muss man den Norwegern, dass sie nur auf einigen Strecken Maut erheben und zwar nur auf den Strecken, die neu gemacht/instand gesetzt wurden und auch nur so lange, bis diese Strecke abbezahlt ist. Das führt aber zu dem lustigen Effekt, dass ganz Norwegen ein Flickenteppich aus Maut und für umme ist. Am Straßenrand wird mit elektronischen Schildern auf den Betrag hingewiesen, der selten für einen Teilabschnitt höher als 2€ ist. Erfasst wird der Spaß allerdings nicht vor Ort, sondern Kameras zeichnen dein Kennzeichen auf und schicken den Kram an die Zentrale. Von dort wird dann die Rechnung ausgestellt, was laut Berichten aus dem Netz durchaus mal 6 Monate dauern kann. Ich habe also keine Ahnung wann und wie viel Geld die von mir haben wollen.

Fährfahrt über den Oslofjord in Norwegen

‚Geld haben wollen‘ ist eine Disziplin, die Norweger sehr gut beherrschen, denn es gibt ja nicht nur die Maut, sondern noch zig Fährlnien durch die ganzen Fjorde. Eine davon mussten auch wir nehmen, denn die Verbindung von Moss nach Horten quer durch den Oslofjord spart uns mal eben einen Umweg von 2×100 km, kostet dafür aber auch 40€. Und man konnte sich ne halbe Stunde an Deck in der Sonne entspannen und musste währenddessen nicht im Auto hocken. So langsam meldete sich auch das Hungergefühl zu Wort, aber wir waren alle zu geizig, horrende Summen für den schlechten Fraß an Bord auszugeben. Von Horten war es noch eine gute Stunde Fahrt nach Skien und diese mochte auch den Blick auf einige Fjorde freigeben. Wahrscheinlich bei weitem nicht so spektakulär wie ihre bekannten Kollegen Geirangerfjord oder Lysefjord, aber schön anzusehen allemal. Wenn dieses blöde Land nur nicht so verflucht teuer wäre… Skien ist mit knapp 60.000 Einwohnern die Hauptstadt der Provinz Telemark und liegt ca. 30 km von der Küste entfernt am Fluss Skienselva, der wenige Kilometer südlich in den Frierfjorden und somit ins Skagerrak mündet. Skien ist auch eine der ältesten Städte Norwegens und wurde vermutlich im Jahre 1.000 a.d. gegründet und ist somit nur drei Jahre jünger als das natürlich viel mächtigere Nidaros, das seit dem Spätmittelalter Trondheim heißt. Der wirtschaftliche Aufschwung der Stadt Skien begründet sich auf die ausgedehnten Wälder und so ist die Region um Skien auch heute noch der größte Holzlieferant Norwegens und die Holzindustrie bedeutendster Arbeitgeber der Stadt. Nicht unerwähnt bleiben sollte das Hochsicherheitsgefängnis der Stadt, in dem ein gewisser Anders Behring Breivik viel Zeit hat, über das Leben nachzudenken.

Immerhin die Schokoladen-Auswahl passte im Gekås

In Skien waren wir dann relativ pünktlich, ca. 45 Minuten vor Anpfiff. Die Parkplatzsuche gestaltete sich überraschend unkompliziert. Wir fuhren einfach an der erstbesten Möglichkeit auf einen Parkplatz, nur wollte der anwesende Ordner Geld von uns haben. Bargeld! Sowas hatten wir nicht, denn wir sind davon ausgegangen, dass man das in Nordeuropa eh nicht haben will. „Hast du ein Parkticket?“ „Nö.“ „Hast du Bargeld?“ „Euro, wenn’s dir hilft.“ „Ach scheiß drauf, fahr einfach durch.“ Ich mag die nordische Art, Probleme zu lösen, tat also wie mir geheißen und parkte mein Gefährt nur 50 Meter vom Stadioneingang entfernt. Am Stadion fiel uns auf, dass das Ding einen Discounter integriert hatte. Im Stadion. Sowas Irres! Wir teilten uns auf, ich stellte mich für die Karten an und die anderen gingen den Fanshop inspizieren – und kamen enttäuscht wieder zurück. Das war kein richtiger Fanshop, sondern ein Sporthandel. Der vertickte nebenbei auch ein bisschen Fankram von Odds BK, aber nicht den von uns favorisierten Schal und auch nix anderes, was sich als Souvenir mitzunehmen lohnte. Diesbezüglich konnte das Wochenende bisher so gar nicht begeistern.

Der Kartenkauf gestaltete sich entspannt, auch wenn ich schon mal weniger als 26€ für so nen Kick bezahlt habe. Das Stadion wusste aber zu gefallen, nachdem wir die schier endlosen Treppen nach oben überwunden hatten, wurden wir mit einem Blick ins Stadion und in die untergehende Sonne belohnt. Die Skagerrak-Arena fasst 12.500 Plätze und wurde im Jahr 2007 eröffnet. Ausverkauft war das Stadion allerdings bisher erst ein Mal, nämlich als der heimische Odds BK im Jahre 2015 fast mal eine gewisse Borussia aus Dortmund besiegte. Drei Tribünen sind zweirangig ausgeführt, nur die alte Haupttribüne besteht aus nur einem Rang. Beim Umbau 2007 wurde das Spielfeld um 90 Grad gedreht, sodass die alte Tribüne jetzt hinter dem Tor ist. Eigentlich hätten wir auch dort Platz nehmen können, denn diese Tickets gibt es vergünstigt für umgerechnet 5-8 Euro. Aber was tut man nicht alles für schöne Fotomotive…

Skagerrak Arena, Skien

Gegner von Odds BK war der Hauptstadtklub Vålerenga IF, dessen glorreiche Zeiten schon länger zurückliegen. Hertha BSC gefällt das. Immerhin 5x konnte VIF norwegischer Meister werden, Odds BK hingegen noch nie, dafür schafften es die Hausherren ganze 12-mal, den nationalen Pokal zu gewinnen. Allerdings lagen zwischen dem letzten Pokalsieg im Jahr 2000 und dem vorletzten Pokalsieg aus dem Jahr 1931 ganze 69 Jahre. Aus Oslo schafften es ca. 300 Fans die 100 km nach Skien, insgesamt verliefen sich nur gut über 5.000 Nasen im Stadion. Für Odds ging es zwar noch um die Vizemeisterschaft (Spoiler: wurde verkackt.), für Vålerenga verlief die Saison aber erneut enttäuschend und wurde nur auf dem 10. Tabellenplatz beendet. Demzufolge war der Auftritt des Gästeanhangs zwar solide, aber auch nicht so weltbewegend, wie wir uns insgeheim erhofft hatten. Die Heimkurve rangierte ungefähr auf dem Niveau von Nordsjælland tags zuvor, war also Schmutz. Dafür war das Spiel besser. Zu den Klängen von Nightwish betraten beide Mannschaften das Feld und lieferten sich einen offenen Schlagabtausch, bei dem aber zuerst die Gäste die Oberhand gewannen, allerdings reihenweise beste Chancen liegen ließen. DIE Szene des Spiels begab sich sogar schon in der 12. Minute, als Magnus Lekven mit einer wunderschönen Grätsche gleich zwei Spieler von Odds BK niederstreckte und sich die Gelbe Karte redlich verdiente. Es sollte jedoch bis zur 56. Minute dauern, ehe diesem munteren Spielchen ein Tor vergönnt wurde. Bård Finne (Norweger.), der auch mal in Köln und Heidenheim gespielt hat, spielte einen wunderschönen Doppelpass mit dem Isländer Vilhjálmsson, wurschtelte sich anschließend durch ne Handvoll Verteidiger und besorgte das 1:0 für die Gäste aus Oslo. Diese stellten in der Folge aber völlig den Spielbetrieb ein und nun kam Odds BK im Minutentakt zu besten Chancen, die natürlich ebenfalls kläglich vergeben wurden. Und so war es der letzten Szene des Spiels vorbehalten, für das in Summe gerechte 1:1 zu sorgen: Die Abwehr von Vålerenga war mit einer eigentlich leicht zu klärenden Szene komplett überfordert und stocherte das Spielgerät zu Odds-Verteidiger Birk Risa (kein Sachse; war auch mal in Köln). Der ließ sich nicht lange bitten und nagelte den Ball aus gut 25 Metern in die Ecke. Unsere Versuche, in der Halbzeit etwas Essbares zu erwerben, schlugen übrigens komplett fehl. Es gab nur armselig aussehende Hot-Dogs, deren Zutaten vom Discounter im Stadion stammten und noch armseliger aussehende Pizzastücke des Sponsors Domino’s. Gott hasst Domino’s! Bier gab’s auch keins, nicht mal leicht, nicht mal ohne irgendwas. Dafür jede Menge Kaffee, was einen tollpatschigen Norweger dazu veranlasste, diesen Fünf-Liter-Kanister mit seiner Plauze umzuwemsen. Die hektischen Aufwischversuche des Servicepersonals mit ein paar Servietten schlugen übrigens ebenso fehl, wie unser Versuch unsere Mägen zu füllen. Karma, Bitch, usw…

Nun denn, Rückreise. Vorher wollte jedoch noch flüssiger Nachschub gesichert werden, wie praktisch, dass wir nen Discounter in der Ecke um die Ecke hatten. Ich erwarb freudestrahlend eine Flasche norwegische Billigcola zu 3,50€ und aus lauter Verzweiflung einen Schokoriegel, Zebra und Hannoi latschten ebenso freudestrahlend mit ein paar Kannen Bier zum Kassenband, aber der Kassierer machte ihnen einen gewaltigen Strich durch die Rechnung, denn nach 18 Uhr darf in Norwegen wohl kein Sprit mehr erworben werden. Wann saufen die denn hier alle? Vormittags? Verzweifelt wie zwei geprügelte Hunde latschten die beiden zurück zum Auto und ihre Miene wurde nicht heller, als sie feststellten, dass nur noch sehr wenige Flaschen Bier übrig waren. Auf dem Weg zur Autobahn noch kurz an einer Pizzeria getankt (macht man hier so), denn ich Fuchs hatte vorhin in Schweden noch für rotzfreche 1,60€/Liter getankt, weil man ja aus Funk und Fernsehen weiß, dass Benzin in Norwegen noch teurer ist. Naja, 1,40€. Haha. Gegen 22:30 betraten wir wieder schwedischen Boden und suchten uns direkt eine Nahrungsquelle. Gut, dass wir an der viel zu teuren Tanke vorhin eine Filiale einer Burgerkette gesichtet haben, die wird ja noch offen haben. Als wir dort vorfuhren, war innen merkwürdig fahles Licht und merkwürdig wenig los. Gut, Letzteres überraschte uns nicht, denn wir befanden uns immer noch in einem Landstrich, der ähnlich dicht besiedelt sein dürfte, wie das kanadische Yukon-Territorium. Auch der polnische Kleinlaster, der vor dem Ding parkte, machte keine Anstalten dort reinzugehen, sodass wir aus den gesamten Erkenntnissen schlossen, dass das Ding dicht haben müsste und gerade wieder kehrt machen wollten, als sich eine Angestellte für eine Zigarettenpause aus einem Nebeneingang bequemte. Also wieder zurück und rein in den Bunker. Dieses Restaurant namens Max entpuppte sich als schwedischer McDonalds-Klon, allerdings um einige Nuancen besser als das Original. Frisch gestärkt ging es dann direkt weiter und ich kann nicht behaupten, mich in der Folgezeit an irgendwelche Tempolimits gehalten zu haben. Für wen auch? Blitzer stehen da keine und auf den gesamten 180 km nach Göteborg überholten wir vielleicht 20 Autos. Zwei Begegnungen beschäftigten uns allerdings noch eine Weile länger: Zuerst passierten wir einen tschechischen Camper, der im Heckabteil seine Wäsche zum Trocknen aufgehängt hatte und dann begegneten wir Oskar. Keine Ahnung, ob er so hieß, aber jeder Schwede heißt Oskar. Oskar fuhr einen weißen Volvo Kombi, Typ Leichenhalle, der so viel tiefer gelegt war, dass der Auspuff schon öfter Straßenkontakt gehabt haben musste und dementsprechend noch viel tiefer hing. Oskar flitzte mit 130 die rechte Spur entlang und meinen Überholversuch wollte er sich nicht gefallen lassen. Oskar beschleunigte und eine schwarze Rußwolke umhüllte die Autobahn binnen Nanosekunden, als würde er seinen Volvo mit Schweröl fahren, dazu röhrte das Gefährt wie eine hochschwangere Elchkuh. Einige Meter später wurde Oskar langsamer, wir schlossen auf und wollten abermals überholen, als sich dieses Schauspiel wiederholte. Nun war meine Neugier geweckt und ich wollte mir Oskar näher anschauen und ihm direkt mal erklären, dass man einer Kartoffel in der Disziplin Autobahnraser nur schwer das Wasser reichen kann. Leider musste Oskar die nächste Ausfahrt nehmen und verschwand qualmend und röhrend in der dunklen schwedischen Nacht. Abgesehen davon passierte absolut nichts mehr, was die Rückbank relativ schnell dazu bewegte, einfach einzuschlafen und selig vor sich hin zu schnarchen. Zebra und ich versuchten derweil, uns mit Musik wach zu halten. Müdigkeit treibt einen ja schon zu manch interessanten Sachen. Wir waren sogar bereit, die 40€ für die Fähre zu bezahlen, statt ne Stunde länger durch das immer noch leidlich spektakuläre Schonen zu gurken. Aber Schweden war noch nicht fertig mit uns. Die Fähre zwischen Helsingborg und ør fährt jede halbe Stunde. Auch nachts. Stand in diesem Internetz. Außer Sonntagnacht, da fährt sie nur jede Stunde (also in 55 Minuten – Timing ist alles), stand an diesem Schalter. Auch wüste Pöbeleien des Fahrers wussten an dieser Tatsache wenig auszurichten. Danke für 130 km Umweg! Im Bett waren wir dann um halb 5…

„Ein Bier und einen Fanschal bitte“ – Mini-Fanshop an der Kiosk-Theke bei Brøndby IF

Man hätte ja fast lange schlafen können, denn das erste Spiel sollte erst um 14 Uhr anstehen und das gleich nur 30 km entfernt. Nur zwei Dinge sprachen diesem Vorhaben vehement entgegen: Erstens die fies scheinende Sonne durch die Vorhänge, dick wie Moskitonetze und zweitens der Bastard, der auf nem Sonntagmorgen gegen halb 10 sein Fichtenmopped angeschmissen und irgendwelche Bäume filetiert hat. Wehrmacht denn sowas? So konnten wir immerhin ohne große Hektik den Weg nach Brøndby antreten und da wir zwischen dem Abpfiff hier und dem Anpfiff in Malmö nur gut 90 Minuten Zeit hatten, suchten wir uns einen strategisch günstigen Parkplatz direkt an der Ausfallstraße. Trotz, dass es um nicht viel ging, so früh in der Saison, war durchaus so etwas wie Derbystimmung zu vernehmen. Natürlich hatten sich beide Fankurven wieder etwas überlegt, wobei das bei den Gästen aus der Hauptstadt so routiniert-belanglos ablief, wie deren Elf sich später auf dem Rasen präsentieren sollte. Aber ein schönes Fahnen-Intro hatten sie. Brøndby hingegen fuhr schwere Geschütze auf, zuerst wurde die komplette Tribüne in ein blau-gelbes Fahnenmeer gehüllt, dann ein Schriftzug „Brøndby“ inkl. des Vereinswappens an einer Seilvorrichtung nach oben gezogen, während dahinter eine dreistellige Zahl Bengalos gezündet wurden.


Die beiden größten Trottel des Wochenendes hatten wir direkt vor uns. Zwei Typen, die schon nach 100 Jahren Knast aussahen, aber sich damit beschäftigten, abwechselnd Selfies zu machen und irgendwelche Gesten Richtung Gästeblock zu schicken. Auch als Simon Hedlund auf der linken Seite völlig allein war, mit einer Finte im 16er zwei FCK-Verteidiger aussteigen ließ und nach fünf Minuten das 1:0 für Brøndby besorgte wollten die beiden unbedingt mit unserem FCK-Zebra abklatschen, was der eher so semi-witzig fand, wir hingegen umso mehr. Die beiden Dullis setzten sich auch konsequent über das Rauchverbot hinweg. Das rief eine resolute Dame auf den Plan, die die beiden ordentlich zusammengeschissen hat. #stressmitmutti Nach der Halbzeit hingegen waren sie auf nimmer Wiedersehen verschwunden. Wahrscheinlich nur für eine Hälfte bezahlt.

Ähnlich ging es freilich auch der FCK-Hintermannschaft. Ein katastrophaler Fehlpass inkl. amtlicher Sitzbulette des Verteidigers landete bei Hedlund, der rennt seelenruhig in den 16er, legt ab auf Wilczek und schon steht es nach 22 Minuten 2:0. Nach 30 Minuten wollte der FCK dann auch mal, ein eher harmloser Kopfball landet am Arm eines BIF-Verteidigers, von wo aus der Ball ins Tor trudelt. Aber die machten zu keinem Zeitpunkt den Eindruck, als könnten sie dieses Spiel gewinnen wollen. Gerade nachdem Rasmus Falk mit einem (versehentlichen) Karatekick Dominik Kaiser niederstreckte und völlig zurecht vom Platz flog, war die Gegenwehr des FCK gebrochen. Nach 75 Minuten stellte Wilczek mit einer sehenswerten Direktabnahme aus 16 Metern auf den 3:1-Endstand.

Fahnenintro des Gästeblocks

Der Abpfiff war auch für uns das Zeichen, uns schnellstmöglich zum Auto zu verkrümeln, denn nur 90 Minuten später wollte in 50 km Entfernung das nächste Spiel angepfiffen werden. Abermals ging es über die Øresundbrücke nach Schweden, diesmal aber nur bis zur nächstbesten Ausfahrt, die uns geradewegs nach Malmö beförderte. Der Parkplatzgott war uns auch wohlgesonnen, dachten wir zu dem Zeitpunkt noch, denn er offerierte uns ein schniekes Parkplätzchen nur 500 Meter vom Stadion entfernt. Andere Autos standen da auch, ein Verbotsschild war genauso wenig auszumachen wie ein Parkautomat, also abgestellt und losgewetzt. Am Stadion angekommen holten wir schnell die hinterlegten Karten ab – die hässlich wie die Nacht finster waren. Und teuer! 42€ kostete der Spaß und das waren nicht die besten Plätze im Stadion. Dafür waren wir nah am Gästeblock und die ca. 1.500 mitgereisten Fans des IFK Göteborg wussten mit ihrer akustischen Übermacht durchaus was anzufangen. Die beiden Fanlager mögen sich nun nicht unbedingt, so gab der Gästeblock von der ersten Minute an Vollgas und ab Mitte der ersten Halbzeit beschränkten sie sich auf ein Lied mit einem schönen Anti-Text auf die Melodie eines zeitgenössischen schwedischen Popsongs. Die MFF-Kurve hatte sich schon drei Tage vorher beim Europapokal-Auftritt gegen den FC Kopenhagen verausgabt und war erstaunlich ruhig. Das wiederum kann auch am furchtbaren Spiel gelegen haben, das letztlich von einem abgefälschten Kopfball nach gut einer Stunde zugunsten von Malmö entschieden wurde.

Wir verabschiedeten uns sodann in den Fanshop und endlich gab es mal etwas Auswahl zu bestaunen. Zig verschiedene Schals, viele verschiedene Gläser (fast schon zu viel Auswahl, welches nimmt man denn nun?) und sogar Gullydeckel mit Vereinswappen gab es käuflich zu erwerben. Wobei mich ein Schwede aufklärte, dass die Dinger wohl eher im heimischen Barbecue Platz finden und Muster in das Grillgut brennen sollen. Zurück am Auto dann der Schock, an meinem Scheibenwischer hing ein Souvenir der Stadt Malmö und man machte mir klar, dass man gerne 800 SEK (ca. 80€) von mir haben möchte. Ich habe allerdings bis heute keine Ahnung wofür eigentlich. Es war ein ganz normaler Parkstreifen am Arsch der Welt. Naja, wenn sie Geld haben wollen, müssen sie mir schon nen Brief schreiben und dann steht dort hoffentlich drin, was die von mir wollen. Wenn nicht, haben sie Pech gehabt.

Stadion, Malmö FF

Update, 5. Mai 2020: Bisher kam keine Ansichtskarte aus Malmö. Wird wahrscheinlich ähnlich laufen wie in Aalborg. Nur diesmal bin ich wirklich unschuldig.

Aber wir hatten ja noch eine letzte Misson: Surströmming! Vergammelter Ostseehering in Dosen. Eigentlich in jedem schwedischen Supermarkt zu bekommen, jedoch nicht im größten der Welt. Saftladen. So fuhren wir schnell ins Zentrum, entdeckten dort einen riesigen Supermarkt, der viel besser war, als es Theofanis Gekås je sein könnte, holten die begehrte Ware und verschwanden über die Grenze. In Dänemark angekommen musste natürlich noch ein schäbiger 24h-Netto angesteuert werden, denn das Bier war ja alle. Zurück in der Unterkunft war ich relativ zeitnah nach dem Football in der Horizontalen, Zebra und Hannoi tagten noch bis ca. halb 4. Das Bier war nicht gut zu ihnen, denn am nächsten Morgen wussten sie mich mit einem Mainzer Cover eines Weihnachtsliedes zu beglücken. Diese Melodie kriegst die nächsten 10 Stunden nicht mehr aus der Birne raus! Fröhliche Mainzer überall!

Woran merkt man, dass man wieder in Good ol‘ Germany ist? Nach 10 Minuten auf der Autobahn hängt dir ein Vertreter-Audi 3 Meter im Kofferraum und muss mal ganz dringend vorbei und an der Dorftanke begrüßt dich ein in freundlichster Poesie verfasstes Schild:„KARTENZAHLUNG ERST AB 10 EURO!!!“

Neu auf der Vogelfluglinie Puttgarden-Rødby: Die Kronprins Frederik. Die hatte ich als Kind mal von Lego.

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